Koptologie
DFG-Projekt: Kampf um Kultstätten
In der Umbruchszeit der Spätantike standen sich im Osten des Imperium Romanum Gruppen gegenüber, die sich in ihrer religiösen Vorstellung und
internen Organisation grundsätzlich voneinander unterschieden: Anhänger paganer Kulte sowie diverse jüdische und christliche Gemeinschaften.
Zwischen ihnen entzündeten sich im Rahmen lokaler Konstellationen immer wieder Konflikte, die im Extremfall die Existenz des jeweils anderen zur Disposition
stellen konnten. Die radikalste Form des Umgangs mit dem religiösen alter war das Vorgehen gegen dessen Kultplätze oder Kultbauten. In diesem
Zusammenhang kam es zur Zerstörung oder Aneignung der sakralen Topographie des Gegners. Der Verlust des Heiligtums als religiöser Mitte hatte
zwangsläufig die Auflösung oder spirituelle Neuorientierung der unterlegenen Gemeinschaft zur Folge. Ausgehend von der Zerstörung bzw. dem
Verlust von Heiligtümern beschreibt und analysiert das aus dem Münsteraner SFB 493 hervorgegangene, von der DFG geförderte Forschungsprojekt
"Kampf um Kultstätten. Sakraler Ort und religiöser Konflikt in der Spätantike" fundamentale religiöse Auseinandersetzungen der
Spätantike: Die Zerstörung, Schließung oder Umwandlung von Tempeln (Christen versus pagane Kultgruppen), die Zerstörung bzw.
Umwandlung von Synagogen (Christen versus Juden) und die Übernahme und Zerstörung von Kirchengebäuden (Christen versus Christen). Das neue
Projekt läuft sub aegide des aus dem SFB 493 hervorgegangenen Münsteraner Centrum für Geschichte und Kultur des östlichen
Mittelmeerraumes.
Stephen Emmel ist verantwortlich für das Teilprojekt B, "Der Abt Schenute im Kampf gegen das Heidentum im spätantiken Ägypten". Der ägyptische
Mönch-Prophet-Schriftsteller Schenute (s. auch oben, "Kritische Edition der Werke Schenutes") erscheint sowohl wegen seines Wirkens selbst als auch wegen des
Nachhalls, den seine Taten und Schriften im regionalen Rahmen gefunden haben, als Schlüsselfigur für die Auseinandersetzungen um Kulte im
spätantiken Oberägypten. Der Kampf des Abtes gegen 'Götzendienst' gibt den Blick frei auf antipagane Aktivitäten, die die reichsweite
Christianisierung auf lokaler Ebene umzusetzen bemüht waren und sich dabei das allgemeine Klima zunutze machen konnten. In diesem Zusammenhang kam es
über Jahrzehnte hinweg immer wieder zu Konflikten zwischen Schenute und Nichtchristen - vor allem Angehörigen der regionalen und überregionalen
Elite - sowie den staatlichen Autoritäten. Die Verhaltensmuster und Argumente, die dabei auf allen Seiten zum Einsatz kamen, spiegeln die Spielräume, die
sich im Prozeß der Christianisierung für die Beteiligten nicht nur unter den spezifischen Bedingungen Oberägyptens ergaben. Ziel des Teilprojekts B ist
eine kommentierte Ausgabe und Übersetzung eines Dossiers von Texten, die die antipaganen Aktivitäten des Schenute dokumentieren. Im
Rahmen des SFB-Teilprojekts B1 fand schon im November 2002 eine internationale Tagung zum Thema "Vom Tempel zur Kirche. Zerstörung und Erneuerung
lokaler Kulttopographie in der Spätantike" statt, aus der ein Sammelband schon vorbereitet worden ist (Leiden: Brill, im Druck). Im Januar 2004 fand eine zweite
Tagung ähnlicher Art statt, diesmal im Rahmen des neuen Projekts und zum Thema "Spätantiker Staat und religiöser Konflikt. Öffentliche
Verwaltung und die Zerstörung von Heiligtümern", aus der noch ein Sammelband vorbereitet wird. Projektdauer:
Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen:
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