Arbeitsbereich Dr. Alfred Sproede
Literarische Kultur und Rechtsbewußtsein in Rußland (Russistik II)
Das Räsonnieren über Recht und Gesetz - keine Vorzugsgattung des öffentlichen Diskurses in Rußland - findet vielfach unterschwellig in der
schönen Literatur und Publizistik statt. Die Polemik slavophiler Literaten beherrscht das Feld, bevor mit der Justizreform 1864 ein professioneller Advokaten stand
und eine argumentierende Rechtsphilosophie entstehen. Die liberalen Rechtsphilosophen sind ihrerseits bald mit Lev Tolstojs Anarchismus und anderen
institutionen-feindliche Ideologien konfrontiert - Symptome einer bis in die 1930er Jahre erörterten "Krise des Rechtsbewußtseins". Das Projekt untersucht, (a) wie russische Literaten Phänomene der Verrechtlichung und Gesetzesbegriffe inszenieren oder (im Namen ethischer Maximalismen) abwehren; (b) wie die
schwachen Anfänge des russischen Kriminalromans mit der seit 1864 geförderten Rechtskultur zusammenhängen; (c) wie die "belletristischen"
Anfänge der Rechtskontroversen bis zur Revolution (und weiter in den Debatten der Exilrussen) in begrifflich-rationale Diskurse übergehen; und (d) inwieweit
das gegenwärtige russische Rechtsbewußtsein auf diese geschichtlichen Voraussetzungen zurückgreift. Im Rahmen des Projekts fand im Oktober 2004
eine Tagung über Geschichte und Probleme osteuropäischer Rechtskulturen statt. Ein anlaufendes Promotionsvorhaben untersucht die Entwicklung der
russischen Prozeßrhetorik und fiktionalen Verarbeitung von Rechtsfällen 1864-1917.
Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen:
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