Arbeitsbereich Prof. Dr. W. Hell
Management-Entwicklung in Deutschland: die Coaching-Methode
Die Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften ist für jedes erfolgreich agierendes Unternehmen essentiell. Deswegen überrascht die
sehr geringe Anzahl an Evaluationsstudien, die im Sinne von Qualitätssicherung die Erfolge, die eine bestimmte Personalentwicklungsmaßnahme erzielt,
differenziert dokumentiert (Gist, 1989). Erst in den letzten Jahren ist ein Trend zu mehr Forschung in diesem Bereich zu erkennen (Campbell & Kuncel, 2001).
Ford & Weissbein (1997)
merken in ihrer Kritik bisheriger Evaluationspraxis an, dass es zu wenig Studien über die Wirksamkeit von bestimmten Management-Trainings gibt. Insbesondere
wird vermisst, dass keine Zusammenhänge zwischen der methodischen und inhaltlichen Konzeptionierung von bestimmten Management-Trainings und ihren
Auswirkungen auf verschiedene Leistungskriterien gibt. Die vorliegende Untersuchung versucht einen Ansatz zur Schließung dieser Lücke zu liefern. In
Kooperation mit einem deutschem Institut, das Management-Trainings anbietet, werden Seminare evaluiert, die mit einer speziellen Coaching-Methoden arbeiten. Das
Kollegiale Teamcoaching (KTC) ist eine Coachingmethode, die das Ergebnis mehrjähriger Praxis von Unternehmensberatern und Psychologen ist. Sie arbeitet auf
vier Ebenen (im Sinne des Nachrichtenquadrats nach Schulz von Thun et al., 2000) konkret an je einer Problemstellung, die ein Seminarteilnehmer (Manager) mit ins
Seminar bringt.
Das KTC ist 1. handlungsorientiert, da es Problemlösemodelle mit in den Seminarprozess einbezieht. Es nutzt 2. kommunikationsorientiert psychologische
Interaktionstheorien (u. a. TZI). Auf der 3. emotionalen Ebene arbeitet es mit Analogien und Assoziationen, um Übertragungen und Spiegelungen sichtbar zu
machen. Auf der vierten und letzten, reflektiven Ebene werden u. a. das Doppelschlaufenmodell nach Argyris (1998) für Prozessanalysen verwendet (Rowold &
Schley, 2002). Kernpunkt des KTC ist die ständige Interaktion von Persönlichkeit (u. a. Führungsstil) und System (z. B. Konflikten mit Mitarbeitern).
Das Problempotential wird im Rahmen der KTC-Veranstaltungen im Team, das heißt kollegial, bearbeitet. Da ein Seminar aus Sicht des jeweiligen
Seminarteilnehmern aus peers besteht, aus Experten, coachen sich die Teilnehmer unter Anleitung eines erfahrenen Moderators selbst. Im Team entwickeln sich somit neue
Wahrnehmungen des Problems, neue Interventionsmöglichkeiten und neue Zieldefinitionen.
Das KTC basiert - wie die meisten anderen Trainingsansätze im Managementbereich - auf der Annahme, dass der Führungsstil eines Managers maßgeblich
für dieArbeitsleistung verantwortlich ist. Der Grundgedanke wurde in zahlreichen Studien bestätigt (Hater & Bass, 1988; Seltzer & Bass, 1990). Zur Messung
des Führungsstils
wird der Multifactor Leadership Questionnaire (MLQ, Bass & Avolio, 2000) verwendet. Der MLQ wurde insgesamt in über 75 Untersuchungen eingesetzt (Lowe &
Kroeck, 1995) und belegte den positiven Zusammenhang zwischen einer bestimmten Art des Führungsstils (transformationale Führung) und Arbeitsleistung.
Transformationale Führung zeichnet sich durch inspirierende Motivation, die u. a. auf Charisma beruht, aus. Der Manager kommuniziert den Mitarbeitern eine Vision und optimiert dadurch
Optimismus, Teamgeist und Enthusiasmus. Neue Ideen werden aktiv für immer weiterführende Verbesserungen gesucht und umgesetzt. Im Gegensatz dazu
setzt der transaktionale Manager lediglich auf ein System von Belohnung nach Leistung. Neuerungen werden nicht positiv verstärkt, funktioniert eine
Vorgehensweise einmal, wird sie unreflektiert weiterverfolgt. Eine Konsolidierung des status quo wird angestrebt. In der vorliegenden
Untersuchung soll der MLQ nicht nur einmal zur Messung des Führungsstil eingesetzt werden (vgl. Geyer & Steyrer, 1998). Da das Coaching auch das
Führungsstilverhalten zu verbessern sucht, wird dieses vor- und nach dem Training mit erhoben, um Veränderungen aufzuzeigen. Im Rahmen des KTC wird
eine Nutzung aller Ressourcen des Managers angestrebt, die aus der Sicht des Managers in einer für ihn optimalen und verträglichen Art und
Weiseangemessen eingesetzt werden, um Erfolg zu erzielen. Dies lässt auf einen transformationalen Führungsstil schließen: Der Manager erkennt durch
das Coaching mehr von seinen Ressourcen und Potentialen und lernt, diese effektiver einzusetzen. Kehr et al. (1999) fanden, dass Manager mit transformationalem
Führungsstil mehr leisten können, da sie ihre Ressourcen sinnvoller einsetzten und sich nicht verausgaben. Verantwortlich dafür ist die Anerkennung
der eigenen Bedürfnisse des Managers. Dadurch werden die Ressourcen des Managers besser genutzt und es steht mehr Kraft für die eigentliche Arbeit zur
Verfügung. Anders bei den transaktionalen Managern: Sie versuchten, durch ein rigides System von (Selbst-) Kontrolle Führung zu erzwingen. Wichtige
Ressourcen wie z. B. positive Emotionen gehen dadurch verloren, so dass langfristig eine Leistungsverminderung resultiert (Kehr et al., 1999).
Der MLQ wird für das Projekt ins deutsche übersetzt. Ein Ziel des Projektes ist die Überprüfung der testheoretischen Gütekriterien der
Übersetzung. Um zusätzlich ein wirtschaftlich gesehen relevanteres Maß für den Erfolg des Trainings zu haben, wird die Arbeitsleistung erhoben,
wobei postuliert wird, dass diese zunimmt. Dabei soll es zum einen darum gehen, dass die allgemeine Arbeitsleistung gemessen wird (Conway, 1999), die für alle
Arbeitsbereiche des Manager gilt. Da jedoch der Manager mit einem bestimmten Problem in das KTC kommt, und dieses Problem bearbeitet wird (Baumgartel et al.,
1976/77) soll dieses zum anderen auch zusätzlich gezielt abgefragt werden. Zu diesen Zwecken werden zwei neue Fragebögen entwickelt (vgl. Baumgartel et al., 1984), die in der Studie mehrfach eingesetzt werden (Desing mit Messwiederholung).
Der postulierte Zusammenhang zwischen Führungsstil einerseits sowie allgemeiner und problembezogener Arbeitsleistung andererseits wird im Rahmen eines einjährigen
Manager-Programms überprüft. Die Ergebnisse lassen Fortschritte sowohl im Bereich "Evaluation von Führungskräftetrainings" (Gist, 1989) als
auch im Bereich "Wirkung von Coachings" (Sarges, 1995) erwarten.
Beteiligter Wissenschaftler:
Veröffentlichungen:
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