Neurokognition
Funktionelle Relevanz des Wernicke Areals beim Spracherwerb: eine virtuelle Läsionsstudie mittels
repetitiver transkranieller Magnetstimulation
Zusammenfassung:
Um die Spracherholung nach einem Schlaganfall fördern zu können, benötigen wir das
Wissen, welche Gehirnareale für den Spracherwerb kritisch notwendig sind. Die transkranielle
Magnetstimulation (TMS) bietet die einzigartige Möglichkeit, die Auswirkungen einer "virtuellen
Läsion" einer bestimmten Hirnregion zu untersuchen, indem transient deren Funktion gestört wird.
Wir setzten repetitive TMS mit einer Stimulatonsfrequenz von 1 Hz, 110% der individuellen motorischen
Schwelle und 20 Minuten Dauer ein, um die funktionelle Relevanz des Wernicke-Areals für den
Spracherwerb zu untersuchen. In einem Einfach-blinden, Zwischengruppen-Design wurde die kortikale
Erregbarkeit des a) Wernicke-Zentrum (n=16) b) Wernicke-Homologs in der rechten Gehirnhälfte (n=10)
und c) über dem Scheitelpunkt Cz als Kontrollpunkt (n=9) inhibiert. Alle Probanden waren in Bezug auf
Sprache linksdominant. Jeder Proband unterzog sich im Abstand von einer Woche sowohl einer 5-tägigen
echten Stimulation (Verum) sowie einer 5-tägigen Placebostimulation (Sham). Die Reihenfolge der
Bedingungen wurde über die Probanden hiniweg randomisiert Im Anschluss an die TMS-Applikation
erfolgte täglich eine 20 minütige Sitzung im Training eines neuen Vokabulars (Kunstsprache
"Wernicko").Es wurde ein genereller unspezifischer Aktivierungseffekt bei der Verum-Bedingung verglichen mit
der Sham-TMS bei TMS des Wernicke-Homologs sowie des Scheitelpunktes Cz beobachtet. Einzig für
die Verum-Stimulation über dem Wernicke- Areal wurde ein relativer hemmender Effekt auf die
Reaktionszeit während des Sprachtrainings festgestellt (Ort x Bedingung: F(2,32)=4.62, p=0.017). Die
Trefferquoten wurden nicht durch die TMS-Intervention beeinflusst. Diese Ergebnisse liefern erste Hinweise auf
eine funktionell relevante Beteiligung des Wernicke-Areals beim Spracherwerb des Erwachsenen. Die
verlängerte Reaktionszeit nach der Verum-Stimulation über dem Wernicke-Areal bei einer
gleichzeitig stabilen Trefferquote spricht für eine schnelle Verhaltensanpassung an den hemmenden
TMS- Effekt. Somit scheinen andere Gehirnareale die unterdrückte neuronale Aktivität des
Wernicke-Areals kompensieren. Die Identifikation dieser kompensatorischen Hirnareale ist Fragestellung eines
Folgeprojektes aus einer Kombination von TMS und fMRI.
Projektdauer:
Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen:
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