Syndromologie
Kaudale Regressionssyndrome
Der Begriff der "kaudalen Regression" [Duhamel, 1961, Arch Dis Child 36:152-155] beschreibt eine Gruppe gut bekannter, schwerwiegender Fehlbildungskomplexe im
Bereich der unteren Körperhälfte, einschließlich Anomalien der lumbalen und sakralen Wirbelsäule, Kontrakturen im Bereich der Hüften
und Knie, Klumpfüße sowie renaler und genitaler Anomalien. Zusätzliche, "nicht-kaudale" Fehlbildungen der oberen Extremitäten, der Hals- und
Brustwirbelsäule, des Gastrointestinaltrakts, des Gesichts und des Herzens sind häufig.
Unter pathogenetischen Gesichtspunkten
stellt die "kaudale Regression" einen polytopen Entwicklungsfelddefekt dar, wobei genetische Faktoren und/oder Teratogene die für eine normale Morphogenese
verantwortlichen molekularen Signalkaskaden unterbrechen oder zu einer über das physiologische Maß hinausgehenden Apoptose prämigratorischer
Neuralleistenzellen führen.
Die zugrunde liegenden Ursachen sind heterogen und bis heute weitestgehend unbekannt. In 16-28% der Fälle werden "kaudale Fehlbildungskomplexe" im
Zusammenhang mit einer diabetischen Stoffwechsellage der Mutter während der Schwangerschaft beobachtet. Andere Teratogene wie Alkohol und
Retinolsäure vermögen ebenfalls ein ähnliches Fehlbildungsmuster zu erzeugen. Darüber hinaus weisen Beobachtungen eines familiären
Auftretens auch auf mögliche genetische Ursachen hin. So wurde zum Beispiel HLXB9 als Locus für die autosomal dominante Sakralagenesie
identifiziert [Ross et al., 1998, Nat Genet 20:358-361].
Gegenstand des Forschungsvorhabens ist
die systematische und detaillierte Erhebung von klinischen und epidemiologischen Daten eines möglichst großen Kollektivs Betroffener mit den klinischen
Diagnosen "kaudale Regression", partielle Wirbelsäulenagenesie, Sirenomelie, OEIS-Komplex, VATER/VACTERL und dem sogenannten "axialen mesodermalen
Dysplasiespektum". Ziel der Datenanalyse ist es, anhand spezifischer Fehlbildungsmuster zugrundeliegende molekulare Mechanismen der normalen sowie der
gestörten Morphogenese aufzudecken.
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen:
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