Klinische Kardioanästhesie / Immungenetische Prädisposition
Systemische Inflammation nach extrakorporaler Zirkulation
Hintergrund:
Die bislang vorliegenden Erkenntnisse über den Darm als Schock- und Ischämieorgan, beruhen in
erster Linie auf unterschiedlichen Tiermodellen und nur auf
vereinzelten klinischen Studien. Der Darm reagiert sehr vulnerabel sowohl auf eine vorübergehende
Minderperfusion als auch auf exogen zugeführtes Endotoxin.
Beide Mechanismen führen zu einem Anstieg der Darmpermeabilität, wodurch die Integrität der
Darmwand als Barriere zwischen gramnegativen Bakterien
des Darmlumens und Blutkreislauf eingeschränkt oder aufgehoben ist. Der Verlust dieser Barrierefunktion
führt zu einer Translokation von Bakterien und Toxinen
in die Blutbahn. Dort werden die Mikroorganismen lysiert und als Zellwandbestandteil gramnegativer Bakterien wird
Endotoxin freigesetzt. Endotoxin selbst stimuliert
wiederum humorale und zelluläre Systeme, die inflammatorische Mediatoren synthetisieren. Die freigesetzten
endogenen inflammatorischen Mediatoren sind aber nicht
selektiv gegen das Endotoxin gerichtet und können zu einer systemischen Inflammation und einem Versagen
unterschiedlicher Organsysteme führen. Insbesondere
kardiochirurgische Eingriffe mit extrakorporaler Zirkulation führen zu einem Entzündungsprozess, der mit
einer erhöhten Morbidität und
Mortalität einhergehen kann. Ursachen der Inflammation nach extrakorporaler Zirkulation sind das chirurgische
Trauma, der Kontakt des Patientenblutes mit der
Oberfläche des extrakorporalen Kreislaufs, ein Ischämie- und Reperfusionschaden des Myokards und der
Lunge während des Abklemmens der Aorta, sowie
eine periphere und mesenteriale Minderperfusion.
Ergebnisse:
Inzidenz, Expression und Verlauf von systemischer Inflammation und Akut-Phase-Reaktion nach extrakorporaler
Zirkulation
Bei herzchirurgischen Eingriffen mit extrakorporaler Zirkulation tritt eine Endotoxinämie auf, die bis zu 6
Stunden postoperativ ihre stärkste
Ausprägung erreicht und sich danach wieder zurückbildet. Parallel zum Anstieg der Endotoxinämie
steigt die mesenteriale Sauerstoffextraktion an als
Zeichen einer mesenterialen Minderperfusion bzw. eines Missverhältnisses zwischen mesenterialem
Sauerstoffangebot und -verbrauch während und unmittelbar
nach extrakorporaler Zirkulation. Ein weiteres Zeichen dafür, dass die extrakorporale Zirkulation eine relevante
mesenteriale Minderperfusion verursacht, ist die enge
positive Korrelation zwischen Endotoxinämie und Dauer der extrakorporalen Zirkulation. Der
Endotoxinämie folgt unmittelbar nach Ende der extrakorporalen
Zirkulation die Freisetzung des proinflammatorischen Zytokins IL-6, deren zeitlicher Verlauf hinsichtlich
Ausprägung und Rückbildung mit dem des Endotoxins
übereinstimmt. Somit ist die Endotoxinämie mitbeteiligt an der Entwicklung der systemischen
Inflammation nach extrakorporaler Zirkulation. Es fanden sich
ferner Korrelationen zwischen IL-6 Konzentrationen und der Dauer der extrakorporalen Zirkulation. Diese
primäre Inflammation wurde bei allen Patienten beobachtet und
war wiederum in allen Fällen gefolgt von einem postoperativen Temperaturanstieg und einer
Akut-Phase-Reaktion. Die extrakorporale Zirkulation induziert demnach
eine vorübergehende, aber vollständige Entzündungsreaktion des menschlichen Organismus, die
unter Berücksichtigung des komplikationslosen
weiteren Krankheitsverlaufes der untersuchten Patienten in der Regel ohne bleibende Schäden verläuft.
Beteiligte Wissenschaftler:
Kooperationen:
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