Verkehrswissenschaft
Organisation von Straßeninfrastruktur
Das Institut beschäftigte sich im Berichtszeitraum mit Fragen der Organisation und Bepreisung von
Straßeninfrastruktur und führte hierzu drei Projekte durch.
Die Bereitstellung überregionaler Straßeninfrastruktur - Eine
institutionenökonomische Analyse
Gegenstand des Projektes ist
die Analyse der derzeitigen Bereitstellung überregionaler Straßeninfrastruktur sowohl in
Deutschland (insbesondere im Bereich der Bundesfernstraßen) als auch auf der Ebene der
Europäischen Union. Die momentane Praxis gibt begründeten Anlass zu der Vermutung, dass die
realisierten Zuständigkeitsverteilungen deutliche Ineffizienzen erzeugen. Im Mittelpunkt der Untersuchung
steht deshalb die Frage, wie ein Optimalszenario für die Bereitstellung groß räumiger
Straßeninfrastruktur aussehen sollte. Es ist davon auszugehen, dass Straßeninfrastruktur
Eigenschaften eines Kollektivgutes aufweist. Hieraus lässt sich jedoch nicht automatisch die Folgerung
ableiten, die Bereitstellung müsse durch den Staat erfolgen. Das Modell privater Nutzer-Clubs zeigt, dass
Besonderheiten von Kollektivgütern auch mit Hilfe privatwirtschaftlicher Organisationsformen Rechnung
getragen werden kann. Neben der grundsätzlichen Einordnung zwischen Staat oder Markt
spielt auch die jeweilige Größe der Bereitstellungseinheiten unter Effizienzgesichtspunkten eine
entscheidende Rolle. Im Fall der staatlichen Wahrnehmung von Aufgaben wird dies i.d.R. mit Hilfe
föderalismustheoretischer Ansätze analysiert. Doch auch bei einer angenommenen
Überlegenheit der Organisationsform des privaten Nutzer-Clubs ist zu fragen, welche Größe
ein derartiges Kollektiv annehmen sollte. Dies geschieht anhand ähnlicher Kriterien wie sie die
Föderalismustheorie für die staatliche Bereitstellung vorsieht. Gleichzeitig wird in dieser Frage den
Unterschieden zwischen staatlicher und privater Bereitstellung Rechnung getragen. Die
effiziente Koordination der Straßeninfrastruktur - Alternativen zwischen Selbst- und
Fremdsteuerung
Die Forderung nach neuen Wegen der Bereitstellung von
Straßeninfrastruktur gehört mittlerweile zum Standardprogramm verkehrswissenschaftlicher und
verkehrspolitischer Diskussionen. Treibende Kraft sind dabei nicht nur immer mehr die wachsenden Defizite in
den öffentlichen Haushalten, sondern auch die Auffassung, dass sich ordnungspolitisch zumindest bei
bestimmten Teilen des Straßennetzes eine ausschließlich staatliche Bereitstellung nicht mehr
legitimieren lässt und dass mit der staatlichen Wahrnehmung von Bereitstellungsleistungen
erfahrungsgemäß generell erhebliche Einbußen sowohl an statischer als auch dynamischer
Effizienz verbunden sind sowie geplante Investitionen mit Vorrangbedarf in die Zukunft verschoben werden
müssen. Mit der geplanten Einführung der Lkw-Maut sind zudem die EU-rechtlichen Hürden
beseitigt worden, die bislang einer nutzerfinanzierten privaten Bereitstellung von Straßeninfrastrukturen
verhindert haben und könnte der Einstieg in Straßenbenutzungsgebühren auch für Pkw
geschaffen sein. Nun liefern zwar die ökonomische Theorie des Marktversagens und die
Public Choice-Theorie eine systematische Begründung für Deregulierung und Privatisierung
auch im Bereich der Straßeninfrastruktur. Zu den kniffligen Fragen der konkreten Ausgestaltung,
Umsetzung und Akzeptanz leistet sie - abgesehen vom ständigen Verweis auf ausländische
Erfahrungen - bislang nur wenig Erhellendes. Nach wie vor ist ungeklärt, welche
Straßen(-netze) natürliche Monopole sind bzw. in welche kleinste Einheiten das deutsche Netz
zerschlagen werden müsste, um die Steuerungseffizienz zu optimieren. Ebenso ist die Bewertung und
Wahrung des Netznutzens bislang kaum erforscht. Dar über hinaus ist fraglich, in welchen Bereichen aus
Gründen der Daseinsvorsorge weiterhin staatliche Aufgaben erhalten bleiben sollten, und welche
Institution(en) auf dem Kontinuum zwischen Markt und Staat vor diesem Hintergrund am besten geeignet sind,
die Koordinationseffienz für die gesamte Straßeninfrastruktur herzustellen. Das Forschungsprojekt
versucht, diese Fragen zu klären, um Erkenntnisse für eine konkrete Privatisierung und
Deregulierung in diesem Bereich zu gewinnen.
Die Problematik innnerstädtischer
Staus - Ein spieltheoretischer Ansatz
Verkehrsteilnehmer, die zu einer bestimmten
Zeit die Innenstadt erreichen wollen, stehen grundsätzlich vor der Wahl, ihr Ziel mit Hilfe des motorisierten
Individualverkehrs (MIV) oder des ÖPNV zu erreichen. Hierbei entsteht das Problem, dass ein individuell
rationales Verhalten zu einem ineffizienten Ergebnis führt, indem Stau erzeugt wird. Aus individueller
Sicht ist es nutzensteigernd, das Auto zu gebrauchen (Bequemlichkeit, Privatsphäre, bessere
Transportmöglichkeiten, Flexibilität). Spieltheoretisch wird gezeigt, dass die Verkehrsteilnehmer
jedoch durch dieses individuell rationale Verhalten in ein Gefangenendilemma geraten, da kollektive
ÖPNV-Nutzung einen höheren Nutzen implizieren würde. Ohne wirtschaftspolitischen Eingriff
schaffen es die Verkehrsteilnehmer nicht, dem Gefangenendilemma zu entkommen. Untersucht werden in diesem
Projekt Möglichkeiten, das Gefangenendilemma mit Hilfe eines Mobilitätsmanagement des
städtischen Individualverkehrs zu zerbrechen. Dabei werden erste Ergebnisse aus dem Londoner
City-Maut-Modell berücksichtigt.
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen:
|