Westfälische Wilhelms-Universität Münster: Forschungsbericht 2003-2004 - Institut für Verkehrswissenschaft

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Forschungsbericht
2003 - 2004

 

 
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Am Stadtgraben 9
48143 Münster
Direktor: Prof. Dr. Karl-Hans Hartwig

Forschungsschwerpunkte 2003 - 2004  
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Verkehrswissenschaft
Luftverkehr

 
Ein großer Schwerpunkt der Institutsarbeit lag in den Jahren 2003 und 2004 im Bereich des Luftverkehres, in dem 4 Forschungsprojekte bearbeitet wurden. Drei dieser Projekte wurden im Berichtszeitraum abgeschlossen, das vierte läuft bis in das Jahr 2005. Das Institut betrachtete in diesen Studien nicht nur aktuelle Probleme des eigentlichen Lufttransportmarktes, durchgeführt von den Luftfahrtgesellschaften, sondern legte einen besonderen Fokus auf die Infrastrukturebene, also Flughäfen und Flugsicherung.

Effizienzprobleme und Überkapazitäten in der europäischen Airline Industrie

Zwar haben im Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit die Ereignisse des 11. September 2001 die Luftfahrt weltweit in eine schwere Krise gestürzt, bei genauerem Hinsehen zeigt sich allerdings ein anderes Bild. Danach hat der 11. September die Krise nicht verursacht, sondern - wenn auch dramatisch - verschärft. Der Luftverkehr leidet nämlich nicht nur unter einer hohen Konjunktureagibilität, die zyklische Gewinn- und Verlustentwicklungen bei den Airlines hervorruft, sondern bereits seit längerem unter einer deutlich unterdurchschnittlichen Renditeentwicklung und erheblichen Effizienzproble men. Das gilt insbesondere für die europäischen Unternehmen, die gegenüber ihren nordamerikanischen und australasiatischen Konkurrenten erhebliche Kosten- und Produktivitätsnachteile aufweisen.Als eines der zentralen Probleme, die immer wieder auch von den Betroffenen ange führt werden, gelten hohe Überkapazitäten, die bei den europäischen Airlines besonders ausgeprägt zu sein scheinen. Ein systematischer empirischer Nachweis für die letzten 15-20 Jahre, also die Phase der Deregulierung, liegt jedoch nicht vor, und die vorhandenen Schätzungen aus früheren Zeiträumen sind mit erheblichen methodischen Mängeln behaftet. Ebenso fehlt eine genauere Analyse der Auswirkungen von Überkapazitäten in einer Branche, die durch spezifische Kostenstrukturen wie economies of density und economies of scale gekennzeichnet sind. Das Projekt versucht diese empirisch-analytische Lücke zu schließen, d.h. geeignete Indikatoren zu entwickeln, mit deren Hilfe sich das Vorhandensein von Überkapazitäten und ihrer Auswirkungen im Luftverkehr ökonometrischen Tests unterziehen lässt. Im weiteren sind dann die Ursachen für Überkapa zitäten wie staatliche Eingriffe, oligolpolistische Preisstrategien, Inflexibilitäten usw. zu identifizieren und Vorschläge für den Abbau vorhandener Kapazitätsüberschüsse zu entwickeln.

Die Privatisierung der DFS Deutsche Flugsicherung

Der Luftverkehr gehört zu den am stärksten expandierenden Branchen weltweit. Allerdings werden seine Wachstumsmöglichkeiten zunehmend durch Kapazitätsengpässe auf den Flughäfen und im Luftraum begrenzt. Das Ergebnis ist einzel- und gesamtwirtschaftlich ineffizient, was sich u.a. in massiven Einbußen für die Airlines und ihre Kunden in Form von Verspätungen, Mehraufwendungen und Geschäftseinbußen durch Kundenabwanderungen äußert. Besonders betroffen von dieser Entwicklung ist der europäi sche Luftraum, der zu den “core areas“ zählt und mittlerweile täglich von ca. 25.000 Flugzeugen genutzt wird. Die hier geschätzten engpassbedingten Verluste belaufen sich auf gegenwärtig etwa 5 Mrd. Euro pro Jahr und dürften dramatisch steigen, wenn die in den kommenden 12-15 Jahren erwartete Verdoppelung des Luftverkehrs eintritt, ohne dass es zu nachhaltigen Veränderungen der institutionellen Rahmenbedingungen im Bereich der Luftraumbewirtschaftung kommt.Für die Notwendigkeit solcher Veränderungen spricht die gegenwärtige Organisation der Flugsicherung. Im europäischen Luftraum werden die ATM-Dienste im Wesentlichen von nationalen Gebietsmonopolisten erbracht, so in Deutschland von der DFS, einem 1993 formell privatisierten, materiell aber gleichwohl staatlichem Monopol. Genau diese Organisationsform weist aber nach allen vorliegenden theoretischen und empirischen Erkenntnissen in anderen Bereichen, in denen ähnliche strukturelle Koordinationsmängel vorliegen, erhebliche Anreizdefizite auf, die zu organisationsinternen X-Ineffizienzen und für die Volkswirtschaft zu Einbußen an statischer und dynamischer Effizienz führen, die sich auch anhand verschiedener Indikatoren nachweisen lassen. Aus wirtschaftspolitischer Sicht, d.h. einer Perspektive, die letztlich das Wohl aller Beteiligten im Auge hat, bietet sich unter solchen Umständen eine Privatisierung der Flugsicherung an, die über eine rein formelle Privatisierung deutlich hinausgeht. Wie die jüngeren Erfahrungen mit der Telekommunikation und der Energieversorgung - also ebenfalls stark expandierenden Branchen mit traditionell öffentlicher Bindung - zeigen, lassen sich durch eine materielle Privatisierung in Verbindung mit Wettbewerb bzw. einer wettbewerbsorientierten Regulierung erhebliche Effizienzgewinne bei den Anbietern und Wohlfahrtsgewinne für ihre Kunden realisieren. Vor diesem Hintergrund wurden Möglichkeiten und Formen einer Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) analysiert, im Hinblick auf ihre juristische Durchsetzbarkeit überprüft und durch einen realisierbaren Umsetzungsplan konkretisiert.

Kooperation deutscher Flughäfen in Europa

In der jüngsten Dekade haben sich die Strukturen der Luftverkehrsindustrie und der Flughäfen drastisch verändert. Der Wettbewerb der Fluggesellschaften hat sich mit der 1987 eingeleiteten Liberalisierung des Luftverkehrs in der Europäischen Gemeinschaft und dem damit verbundenen Wegfall der Kapazitätsbeschränkungen erheblich verschärft. Über Jahrzehnte hinweg kontrollierten die Staaten bzw. die öffentliche Hand die Entwicklung der Luftverkehrsdienste der Airlines an den Flughäfen durch bilaterale Abkommen und dominierten aufgrund der öffentlichen Beteiligungen das Flughafenmanagement in den Gesellschafter- oder Aufsichtsratsgremien. Mit der Verwirklichung der “Dritten Stufe“ der Liberalisierung des Luftverkehrs in der Europäischen Union änderte sich die Rolle der Flughäfen im gesamten unternehmerischen Verhalten. Zeitgleich zur Liberalisierung des europäischen Luftverkehrsmarktes nahm auch der Wettbewerb zwischen Flughäfen in seiner Quantität und in seiner Formenvielfalt deutlich zu. Um den aktuellen Herausforderungen begegnen zu können, sind die Flughäfen zunehmend dabei, verschiedene Kooperationsstrategien zu entwickeln. Inwieweit eine solche Strategie überhaupt erfolgversprechend ist, welche Kooperationsformen gewählt werden und welche Probleme damit jeweils verbunden sind und welche volkswirtschaftlichen Konsequenzen sich ergeben, wird in der Studie analysiert. Theoretische Basis sind die Industrieökonomik und die Transaktionskostenökonomik. Die empirische Basis liefern die Kooperationen deutscher Flughäfen.

Potenziale wettbewerblicher Selbststeuerung und staatlicher Regulierungsbedarf von Flughäfen in Deutschland

Die Verkehrsflughäfen in Deutschland werden traditionell als wirtschaftspolitischer Ausnahmebereich betrachtet, in dem ein funktionsfähiger Wettbewerb nicht möglich sei. Ursächlich hierfür seien insbesondere subadditive Kostenverläufe sowie hohe Markteintrittsbarrieren. Flughäfen unterliegen daher traditionell einer staatlichen Preisregulierung bei Entgelten für das Starten, Landen und Abstellen von Luftfahrzeugen, sowie für die Benutzung von Fluggasteinrichtungen. Zudem sind seit dem 1. Januar 2001 größere Flughäfen verpflichtet, die Bodenverkehrsdienste für Fremdanbieter zu öffnen und die Entgelte für den Zugang genehmigen zu lassen.Der deutsche Flughafenmarkt zeichnet sich seit einigen Jahren durch eine hohe Dynamik aus: Bisher rein staatliche Flughäfen werden teilprivatisiert (z.B. Hamburg, Düsseldorf), andere Flughäfen schließen Allianzen oder beteiligen sich an Konkurrenten (z.B. Fraport, Hannover), kaum frequentierte Landeplätze in der Nähe größerer Flughäfen werden zu Standorten für Low-Cost Carrier (z.B. Lübeck, Hahn, Weeze) und erleben einen rasanten Zuwachs an Passagieren. In einem Forschungsprojekt untersucht das IVM, inwieweit in diesem Marktumfeld Art und Umfang der ökonomischen Marktmachtregulierung gerechtfertigt ist. Es wird zunächst untersucht, von welchen Determinanten Passagiere und Fluggesellschaften als Hauptnachfrager von Flughafenleistungen die Wahl eines Flughafens abhängig machen, welche (aktuellen und potenziellen) Substitute sowohl intra- als auch intermodaler Art existieren und wie hoch die Verhandlungsmacht der Nachfrager ist. Es zeigt sich, dass eine disaggregierte Analyse für jeden Flughafen notwendig ist, da eine Aggregation zu Größenklassen zu unzulässigen Verallgemeinerungen führen würde. Die Analyse ergibt, dass für ein Großteil der Flughäfen eine Regulierung nicht notwendig ist, da Passagiere oder Fluggesellschaften entweder über Alternativen oder über gegengewichtige Marktmacht verfügen. Für die verbleibenden marktmächtigen Flughäfen wird nach dem Ausmaß der Marktmacht eine abgestufte Regulierung des Machtkerns vorgeschlagen. Für die besonders marktmächtigen Flughäfen Hamburg, Stuttgart, München und Frankfurt ist die Einrichtung einer anreizorientieren Price-Cap-Regulierung, die sich auf die direkt luftverkehrsbezogenen Einnahmen beschränkt (Dual Till), bei einer gleichzeitigen Öffnungsverpflichtung der Bodeninfrastruktur zu befürworten. Für die restlichen marktmächtigen Flughäfen ist neben der Öffnungsverpflichtung für die Infrastruktur eine niedrigere Eingriffsintensität, z.B. durch Trigger-Regulierung - also freier Preisverhandlung bei gleichzeitiger Androhung von staatlichen Preiseingriffen bei monopolistischer Preissetzung der Flughafengesellschaft -, vorzusehen.

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Karl-Hans Hartwig Dipl.-Sozialökonomin Uta Saß Dipl.-Kfm. Peter Meinke Dipl.-Vw. Robert Malina

Veröffentlichungen:

Hartwig, K.-H. (2003): Regulierungsbedingte Überkapazitäten und die Krise des Luftverkehrs, in: Hartwig, K.-H. et al.(Hrsg.): Verkehrsmärkte im Spannungsfeld zwischen Reformdruck und Interessenpolitik: Luftverkehr und Metrorapid, Göttingen, S. 7-24.

Hartwig, K.-H, H. Armbrecht (2004): Volkswirtschaftliche Effekte unterlassener Ver kehrsinfrastrukturinvestitionen, Kurzfassung, Berlin

Meincke, P. A. (2003): Kooperationen zwischen Flughäfen. Eine institutionenökonomische Analyse, in: Hartwig, K.-H. et al.(Hrsg.): Verkehrsmärkte im Spannungsfeld zwischen Reformdruck und Interessenpolitik: Luftverkehr und Metrorapid, Göttingen, S. 49-68.

Saß, U. (2003), Kapitalprivatisierung der Flugsicherung, Studie im Auftrag der Deutsche Lufthansa AG, Münster.

Saß, U. (2003): Die Deutsche Flugsicherung: Relikt aus Zeiten der Regulierung?, in: Hartwig, K.-H. et al.(Hrsg.): Verkehrsmärkte im Spannungsfeld zwischen Reformdruck und Interessenpolitik: Luftverkehr und Metrorapid, Göttingen, S. 25-48.

Saß, U. (2005): Die Privatisierung der Flugsicherung: eine ökonomische Analyse, Beiträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität Münster, Diss., Göttingen. (voraussichtl. Erscheinen: Frühjahr 2005).

 

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