Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Controlling (Prof. Dr. Heinz Lothar Grob)
Verteilte Referenzmodellierung (VRM)
Mit Referenzmodellen wird angestrebt, vorbildliche Modellinhalte derart zu konstruieren, dass sie in Konstruktionsprozessen von Anwendungsmodellen
wieder verwendet werden können. Da heutzutage jedoch kaum Referenzmodelle vorliegen, die diesem Anspruch gerecht werden, sind am Lehrstuhl für
Wirtschaftsinformatik und Controlling Verbesserungspotenziale der Referenzmodellierung untersucht worden. Den Ausgangspunkt bildete die Schaffung theoretischer
Grundlagen zur Gestaltung von Konstruktionsprozessen, vor deren Hintergrund der State-of-the-Art der Referenzmodellierung untersucht wurde. Im Zuge der Untersuchungen
sind einige grundsätzliche Erkenntnisansätze sowie Gestaltungsstrategien sichtbar geworden: Die geringe Akzeptanz der Referenzmodelle erklärt sich zu
einem großen Teil dadurch, dass bislang eine zu enge Sicht auf die Gestaltung ihrer Konstruktionsprozesse eingenommen wird. Arbeiten beschränken sich
auf Beiträge zu methodenbezogenen Aspekten, während die Verwendung der Modelle auf pragmatischer Ebene fehlschlägt. Durch die Ausweitung dieser
Sicht, vor allem auf organisationsbezogene Aspekte, werden wesentliche Verbesserungspotenziale durch eine Verteilung der Konstruktionsprozesse aufgezeigt. Eine
solche Gestaltung folgt der Vorstellung, relevante Interessengruppen von Referenzmodellen durch Austausch- und Diskursprozesse kontinuierlich in die Entwicklung
einzubeziehen, sodass ein bewährter Bestand an Modellen erzeugt und evolutionär an neue Anforderungen angepasst werden kann. Innovative Ansätze des
Open Source und Component Based Software Engineering belegen das Erfolgspotenzial derartiger Gestaltungen, zeigen jedoch zugleich kritische Anforderungen
an die Prozessgestaltung auf. Zur Erschließung dieser Potenziale ist ein Forschungsprojekt zur Verteilten Referenzmodellierung (VRM) initiiert worden.
Im Projekt VRM werden Gestaltungsbeiträge zur Verteilung von Konstruktionsprozessen entwickelt, die mehrere Aspekte der Prozessgestaltung
betreffen:
- Organisationsbezogener Aspekt:
Untersucht wird die Wirkung alternativer institutioneller Arrangements auf die Modellqualität. Als Organisationsformen, die
gleichzeitig eine für die Verteilung wünschenswerte Flexibilität sowie eine für die gemeinsame Konstruktion förderliche Stabilität des
Verbunds bieten, werden Netzwerkkonfigurationen entwickelt. - Technologiebezogener
Aspekt:
Zur Abwicklung der Koordinationsprozesse zwischen den verteilten Akteuren werden Forschungen zu informations- und kommunikationstechnischen Plattformen
angestellt. Da bislang keine adäquaten Systeme verfügbar sind, wird im Projekt eine innovative Virtual Community-Plattform für die VRM entwickelt. Ein
Prototyp ist im Internet unter www.referenzmodelle.de erreichbar.
- Modellbezogener Aspekt:
Um die verteilte Konstruktion der Modelle zu ermöglichen, werden geeignete Modellstrukturen erarbeitet, die z. B. die
Austauschbarkeit der Modelle begünstigen. In Anlehnung an die Softwareentwicklung ist das Strukturmuster der Referenzmodellkomponente erarbeitet worden, das
sowohl eine konfigurative als auch eine komponentenorientierte Referenzmodellierung nach dem Baukasten- und Plug&Play-Prinzip ermöglicht.
- Methodenbezogener
Aspekt:
Die innovativen Gestaltungsansätze werden über Regeln integriert, die Vorgehensweisen und Darstellungsformen der Referenzmodellierung betreffen.
Hervorzuheben ist ein Vorgehensmodell zur verteilten Konstruktion von Referenzmodellen, das als Leitfaden für die praktische Umsetzung des Konzepts dient.
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen:
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