Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
- Allgemeine Pädiatrie -
Pädiatrische Nephrologie

Waldeyerstr. 22
48149 Münster
Leiterin: Prof. Dr. Med. Monika Bulla
 
Tel. (0251) 83-56217, 83-56215
Fax: (0251) 83-58699
www: http://medweb.uni-muenster.de/institute/paed/
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin - Allgemeine Pädiatrie -
Pädiatrische Nephrologie der Allgemeinen Kinderheilkunde


Molekulargenetische Untersuchung bei therapieresistentem nephrotischem Syndrom

Ein nephrotisches Syndrom (NS) ist charakterisiert durch eine große Proteinurie, Hypalbuminämie, Hypertriglyzeridämie und Ödeme. Es beruht auf einer pathologischen Permeabilität der Filtrationsbarriere der Glomeruluskapillare. Diese normalerweise hochselektiv arbeitende Filtrationsbarriere wird hauptsächlich durch die komplexe Zytoarchitektur im Bereich der Schlitzmembran der Podozytenfußfortsätze bestimmt. Liegt eine Störung der von den Podozyten exprimierten spezifischen Moleküle in der Schlitzmembran oder in der Verankerung in der glomerulären Basalmembran vor, so wird die Glomeruluskapillare permeabel für großmolekulare Eiweiße und es entwickelt sich ein therapeutisch unbeeinflussbares NS.

Für einige hereditäre NS-Formen konnten Mutationen der podozytenspezifischen Proteinmoleküle aufgedeckt werden. Hierbei handelt es sich um die Erkrankungen congenitales nephrotisches Syndrom vom finnischen Typ (CNF), fokal segmentale Glomerulosklerose (FSGS) und diffuse mesangiale Sklerose (DMS). Beim CNF wurde der Genort auf dem Chromosom 19q12-q13 kartiert (NPHS1). Das Gen codiert für das von den Podozyten exprimierte transmembranöse Protein Nephrin. Bis heute sind 36 Mutationen des NPHS1 beschrieben. Beim familiären autosomal rezessiven FSGS konnte der Genort auf dem Chromosom 1q25-32 (NPHS2) und als Genprodukt das Eiweiß-Podocin aufgedeckt werden. Die Erkrankung beruht auf Nonsense-, Missense- und Splicestellen-Mutationen. Beim autosomal dominanten FSGS ist der Genort das Chromosom 19q13 und das Genprodukt a-Actinin 4. Podocin bindet an die zytoplasmatische Domäne von Nephrin und verstärkt die Nephrinsignaltransduktion. a-Actinin 4 ist für die Verankerung der Podozyten von Wichtigkeit.

Bei einem weiteren hereditären NS, dem DMS ist der Genort und das Genprodukt noch unbekannt. Jedoch ein Drittel der Fälle mit DMS ist mit einem Wilms-Tumor und/oder Pseudohermaphroditismus masculinus assoziiert (Denys-Drash-Syndrom). Hier besteht eine nachweisliche WT1-Gen-Positivität. Das Wilms-Tumor-Suppressor-Gen WT1 kartiert auf dem Chromosom 11p13. WT1 codiert für den Zinkfingertranskriptionsfaktor, welcher eine wesentliche Rolle in der embryonalen Entwicklung der Nieren und Gonaden spielt. Solch eine WT1-Mutation, wie sie bei Patientin mit isolierter DMS gefunden wird, lässt sich auch bei Patienten mit FSGS nachweisen.

Mit Hilfe solcher molekulargenetischer Untersuchungen eröffnet sich die Möglichkeit, NS bzgl. der therapeutischen Beeinflussbarkeit, der Familiarität, des Tumorrisikos und der Rekurrenzgefahr im Transplantat zu differenzieren. So ist bei der Hotspot-Mutation Fin-Major beim CNF in 30 % der Fälle mit einem Wiederauftreten der Proteinurie im Transplantat aufgrund einer Antikörperbildung gegenüber dem Nephrin des transplantierten Organs zu rechnen. Bei familiären FSGS mit Podocin-Mutation ist bisher eine Rekurrenz im Nierentransplantat, wie es in 30 % der Fälle des sporadischen FSGS eintritt, nicht beobachtet worden. Der Nachweis einer WT1-Mutation macht eine engmaschige sonographische Überwachung des durch Wilms-Tumorrisiko bedrohten Patienten erforderlich. Bei terminaler Niereninsuffizienz sollte bei solch einem Patienten durch bilaterale Nephrektomie eine Tumorprävention angestrebt werden.

In Form einer engen internationalen und interdisziplinären Kooperation mit humangenetischen Instituten werden Kinder mit therapieresistentem nephrotischem Syndrom und frühkindlichem nephrotischem Syndrom bzgl. ihrer molekulargenetischen Veränderungen untersucht. In Nephrektomiepräparaten wird den Veränderungen der Podozyten intensiv nachgegangen.

Beteiligte Wissenschaftler:

M. Bulla, E. Kuwertz-Bröking, St. Fründ, A. Schulze Everding, F. Hildebrandt, V. Schumacher (Düsseldorf), A. Fuchshuber

Veröffentlichungen:

V. Schumacher, K. Schärer, E. Wühl, H. Altrogge, K.E. Bonzel, M. Guschmann, T.J. Neuhaus, R.M. Pollastro, E. Kuwertz-Bröking, M. Bulla. A.M. Tondera, P. Mundel, U. Helmchen, R. Waldherr, A. Weirich, B. Royer-Pokora: Spectrum of early onset nephrotic syndrome associated with WT1 missense mutations, Kidney Int. 53, 1594-1600, 1998

A. Fuchshuber: Nephrose, Medgen 12, 194-197, 2000

V. Schumacher, B. Leube, B. Royer-Pokora: Wilms-Tumor, Medgen 12, 232-237, 2000

M. Bulla, R. Waldherr, U. Helmchen, M. Terstiege, T. Strieder: Das frühkindliche nephrotische Syndrom in Deutschland: Inzidenz, Morphologie und Prognose, Nieren- u. Hochdruckkrankheiten 31, 193-204, 2002

 
 

Hans-Joachim Peter
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Datum: 2004-02-03