Westfälische Wilhelms-Universität
Münster
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Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Controlling Universitätsstr. 14-16 48143 Münster Direktor: Prof. Dr. Wolfgang Berens |
Tel. (0251) 83-22017
Fax: (0251) 83-22018 e-mail: Controlling@wiwi.uni-muenster.de www: http://www.wiwi.uni-muenster.de/ctrl |
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002 Fachbereich 04 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät |
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Interne Kundenorientierung des Controlling
Die Controlling-Institution
in Unternehmen sieht sich als Bestandteil der Gemeinkostenbereiche in zunehmendem Maße einem
Rechtfertigungsdruck ausgesetzt, der es erforderlich macht, den Beitrag des Controlling zur Absicherung der
Unternehmensziele zu dokumentieren und zu optimieren. Die in größeren Institutionen auf eine
Arbeitsteilung zurückgehende Trennung von Controlling- und Managementaufgaben bedingt, dass
Controlling - im Sinne von Führungsunterstützung - sachgerecht nur über eine
konsequente
Orientierung an den Informationsbedürfnissen und Koordinationserfordernissen des Managements
geleistet werden kann. Erst, wenn das Management über eine methodische und instrumentelle
Unterstützung in die Lage versetzt wird, Entscheidungen rational zu fundieren, kann das Controlling
seinen Ansprüchen gerecht werden. Die Komplexität der unternehmerischen Aktivitäten zu
Grunde liegenden Entscheidungsprobleme, verbunden mit den individuellen Informationsbedürfnissen
von Führungskräften, macht daher eine konsequente Kundenorientierung erforderlich.
Aufbauend auf die Notwendigkeit einer Kundenorientierung im Controlling und dem
diesbezüglich bestehenden Theoriedefizit waren in diesem Projekt gestaltungsrelevante
Zusammenhänge zu identifizieren und Möglichkeiten eines gezielten Instrumenteneinsatzes zu
prüfen, um hierüber die Kundenorientierung im Controlling einer Operationalisierung
zugänglich zu machen. Im Ergebnis eröffnet sich Controllern ein Aktionsrahmen, der es erlaubt, das
Leistungsspektrum des Controlling im Rahmen interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen zweckgerichtet auf die
jeweiligen Adressaten auszurichten und diese somit in die Lage zu versetzen, rational zu führen.
Die Ausarbeitung beginnt mit einer Spezifikation der Problemstellung und der Auswahl einer
geeigneten Methodik. Sodann sind die grundlegenden Theorieansätze zu untersuchen. Diese basieren
problemorientiert auf einer Darstellung der Theorie des Controlling und leiten die daraus erwachsenden
Implikationen für dessen institutionelle Ausgestaltung ab. Die Reflexion aktueller Entwicklungstendenzen
des Controlling verdeutlicht, wo zukünftige Handlungsnotwendigkeiten zu erwarten sind. Externe wie
interne Marktorientierung deuten dabei auf die zunehmende Notwendigkeit einer Integration von
Marketinggedanken hin. Daran anknüpfend ist der entsrpechende Theorieansatz des Marketing zu
untersuchen. In Anlehnung an die vorher im Controlling aufgeworfenen Probleme wurden solche
Entwicklungstendenzen des Marketing hinterfragt, die potenziell zur Strukturierung von Lösungen in
Frage kommen. Einerseits erscheint die Anwendung von Controlling-Instrumenten zur Steigerung der externen
Marktorientierung auch auf unternehmensinterne Bereiche denkbar. Andererseits offenbaren die
Denkstrukturen des Dienstleistungsmarketing und des internen Marketing differenzierte Anhaltspunkte zur
Strukturierung interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen. Über die Integration der Teilansätze
gelingt unter Berücksichtigung aktueller Forschungsergebnisse eine tiefgehende Verankerung der
Thematik im Marketing.
Auf den Untersuchungen zu den Theorieansätzen baut eine
Systematisierung der für die Kundenorientierung im Controlling relevanten Einzelfacetten auf. Auf
Grundlage einer Darstellung der Ziele der Kundenorientierung im Controlling und der diesbezüglichen
Implikationen für die Führung eines Controllerbereichs werden Gestaltungsparameter abgeleitet.
Auf Basis der Systematik eines modifizierten Marketing Drei-Ecks wird eine Differenzierung zwischen
Controlling-Leistungen, Controlling-Organisation sowie Kunden und Wettbewerbern des Controlling
vorgenommen. Die Ableitung der diese Bereiche betreffenden Gestaltungsparameter erfolgt jeweils über
eine Darstellung der jeweils relevanten Rahmenbedingungen.
Im Rahmen der
leistungsbezogenen Charakteristika erweist sich die Art und Weise der Aufgabenzuordnung als wesentliche
Restriktion für die Gestaltbarkeit der Kundenorientierung. Daher kommt der analytischen
Aufgabenzuordnung ein besonderer Stellenwert zu. Auf Grundlage eines Ansatzes zur systematischen
Zuordnung von Aufgaben zu Aufgabenträgern wird das Leistungsspektrum des Controllers abgeleitet,
welches fortan im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Bezogen auf die Leistungen des Controlling erweisen sich
die Beurteilungsdimensionen, die informationsökonomischen Leistungseigenschaften sowie die
Inhaltscharakteristika als gestaltungsrelevant. Bei der Kommunikation von Leistungen ist konsequent zu
unterscheiden, inwieweit sich die Wahrnehmung der Nachfrager auf das Potenzial, den Prozess oder das
Leistungsergebnis bezieht. Ferner hängt gerade bei Controlling-Leistungen die vom Nachfrager
empfundene Unsicherheit maßgeblich davon ab, ob Leistungen mehrheitlich Such-, Erfahrungs- oder
Vertrauenseigenschaften aufweisen. Grundlegend für die Konsequenz einer Marketingbetrachtung von
Controlling-Leistungen ist die Auseinandersetzung mit dem Kontrollcharakter einzelner Controlling-Leistungen.
Diesbezüglich wird dargestellt, inwieweit Leistungen, bei denen der Kunde dem Kontrollierten entspricht,
umfassend im Kontext eines übergeordneten Entscheidungsunterstützungszusammenhangs zu
sehen sind. Hierdurch wird deutlich, dass sich Kontrollleistungen nicht kategorisch der Kundenorientierung
entziehen, da Kundenorientierung gerade innerhalb von Organisationen von der Langfristigkeit und
Kooperativität lebt, was im Gesamtkontext Kontrollen und Widerspruch erfordert.
Die organisationsbezogene Betrachtung des Controlling widmet sich zunächst der organisatorischen
Einbindung und der ökonomischen Ausrichtung, da sowohl der Zentralitätsgrad der
Controlling-Organisation als auch die wirtschaftliche Zielsetzung als wesentliche Restriktionen der
Leistungserstellung anzusehen sind. Besondere Gestaltungsrelevanz in diesem Kontext weisen Regelungen
bezüglich der Leistungsinanspruchnahme auf, da hierdurch die Motivation der Leistungsabnehmer
maßgeblich beeinflusst wird. Abrufmodalitäten, Ablaufcharakteristika und die
Leistungsverrechnung prägen darüber hinaus maßgeblich die formalen
Austauschbeziehungen des Controlling. Analog zu anderen organisationsinternen Dienstleistungen spielen die
informellen Kontakte und die gewachsene Leistungstradition in einem Unternehmen eine wesentliche Rolle, da
oftmals nicht die Leistungen im Mittelpunkt der Transaktion stehen, sondern Personen. Im
Rahmen der Darstellung kunden- und wettbewerbsbezogener Charakteristika des Controlling werden aktuelle
wie potenzielle Kunden und Wettberber des Controlling beschrieben. Im Rahmen der Kundenbetrachtung liegt
der Fokus auf unternehmensinternen Kunden, da diese als primäre Zielgruppe des Controlling zu sehen
sind. Als kunden- und wettbewerbsbezogene Gestaltungsparameter erweisen sich die
Leistungsindividualität, die Leistungsevidenz, das Nutzungsverhalten alternativer Kunden sowie das
Ausmaß der Konkurrenzgefährdung dem einzelne Leistungen ausgesetzt sind. Eine besondere
Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Ergründung des Nutzungsverhaltens von
Controlling-Leistungen zu, insbesondere solchen mit Informationscharakter. Nur über eine sachgerechte
Nutzung der dem Management durch das Controlling zur Verfügung gestellten Informationen kann
letztlich eine Beitrag zur Unternehmenszielerreichung geleistet werden. Erst eine genaue Kenntnis des Kunden,
seiner Präferenzen und Motive erlaubt eine Absicherung des Nutzungsverhaltens.
Im Ergebnis erlaubt die Kenntnis der organisatorischen Rahmenbedingungen sowie der für eine
kundenorientierte Ansprache relevanten Parameter eine gezielte Vergegenwärtigung der für die
Steuerung von Leistungspotenzialen, -prozessen und -ergebnissen erfolgskritischen Sachverhalte. Hier ist der
Marketinggedanke konsequent auf die interne Dienstleistung Controlling zu übertragen. Im Ergebnis
gelingt eine erste umfassende Charakterisierung der Dienstleistung Controlling, die deren Vielschichtigkeit auch
explizit ausweist.
Aufbauend auf die Gestaltungsparameterbetrachtung und die
dahinterstehenden Denkfiguren des Marketing werden sodann Aktionsgrundlagen für ein internes
Marketing im Controlling systematisiert. Zu diesem Zweck wird zwischen strategischer Controllerbereichs- und
Marketingplanung und operativer Leistungsanalyse und -planung im Controlling unterschieden. Die Kenntnis
der Gestaltungsparamter erlaubt im Einzelfall die controllingspezifische Anpassung der dargestellten
Instrumente und soll damit einer unreflektierten Übertragung entgegenwirken.
Im Rahmen der strategischen Controllerbereichs- und Marketingplanung wird die Anwendbarkeit langfristig
ausgerichteter Planungsinstrumente diskutiert. Erfolgskritisch für die Kundenorientierung im Controlling
ist die Strukturierung kunden- und konkurrenzorientierter Strategiealternativen. Hierbei erfordern
kundenorientierte Strategien zunächst eine genaue Kenntnis alternativer Informationsbedürfnisse
sowie darauf aufbauend eine Kundensegmentierung nach abgrenzungs- und anspracherelevanten Kriterien. Die
im Rahmen der operativen Leistungsanalyse und -planung im Controlling ausgewählten Instrumente
verfolgen die Zielsetzung, eine Absicherung der geplanten kundenorientierten Strategie zu verfolgen,
kundenbezogene Leistungsbeiträge messbar zu machen sowie den Leistungsaustausch mit Kunden
transparent zu gestalten. Mittels Benchmarking im Controllerbereich können geeignete Leistungen unter
Effizienz- und Effektivitätsgesichtspunkten bewertet und verglichen werden, so dass über
Kostenerwägungen hinaus den Präferenzen der Kunden Beachtung geschenkt werden kann.
Über die Vergleichsbetrachtung hinaus erlaubt die Balanced Scorecard eine Operationalisierung
strategischer Ziele sowie eine dauerhaft ausgewogene Performance-Messung. Erfolgskritisch für die
Kundenorientierung im Controlling ist diesbezüglich eine sachgerechte Modifikation der Kennzahlen
vorzunehmen und die Erfüllung von Kundenbelagen angemessen in allen Perspektiven zu verankern.
Über die Anwendung von Target Costing im Controlling kann einerseits das Bereichsbudget oder die
Budgets einzelner Leistungen an Marktverhältnissen ausgerichtet werden. Andererseits erlaubt die
Leistungsbewertung aus Kundenperspektive eine Gewichtung des Ressourceneinsatzes in Abhängigkeit
der wahrgenommenen Nutzenbeiträge einzelner Leistungen. Durch den gezielten Einsatz von Service
Level Definitions und Service Level Agreements im Controlling kann eine Institutionalisierung von
Marktverhältnissen gefördert werden. Über Leistungsbeschreibungen und eine
Aushandlung der Leistungsabnahme können Leistungsinhalte, -qualitäten und -preise im Sinne
von Management und Controlling geplant und gesteuert werden. Neben einer Darstellung der Struktur von
Service Level Definitions und Service Level Agreements wird am praktischen Beispiel eines
Telekommunikationsunternehmens dargestellt, wie diese Instrumente Anwendung finden können.
Insgesamt stellt die Untersuchung eine erste geschlossene, Einzelfacetten zu einem
Aktionsrahmen verbindende Behandlung der Kundenorientierung im Controlling dar. Die Ergebnisse zeichnen
sich durch einen hohen Systematisierungsgrad aus. Das ausgewogene Verhältnis zwischen theoretischer
Grundlegung, Ableitung der Gestaltungsparametersystematik und instrumenteller Absicherung der Gedanken
dokumentiert den fundierten wissenschaftlichen Bezug und trägt gleichermaßen der Bedeutsamkeit
praxeologischer Aussagen Rechnung.
Beteiligter Wissenschaftler: Veröffentlichungen: |
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