Forschungsbericht 1999-2000 | |
Historisches Seminar
Domplatz 20-22 48143 Münster Tel. (0251) 83-24320 Fax: (0251) 83-25417 e-mail: johanek @uni-muenster.de WWW: http://www.uni-muenster.de/GeschichtePhilosophie/Geschichte/hist-sem/ Direktor: Prof. Dr. G. Althoff, P. Johanek, F. Kämpfer, H. Keller, U. Pfister, B. Stollberg-Rilinger, H. U. Thamer | |
Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Fachbereich 08 - Geschichte / Philosophie Historisches Seminar Neuere und Neueste Geschichte | ||||
Bilder von Krieg und Nation.
Die beiden Begriffe "Krieg" und "Nation" im Obertitel des Projekts stellen bereits die
wichtigsten Forschungskontexte her: zum einen die moderne Militärgeschichte,
die sich zur Sozial-, Kultur- und Mentalitätengeschichte geöffnet hat, zum
anderen die Nationalismusforschung, die sich zuletzt vor allem mit der "Erfindung"
von Nationen im Medium gesellschaftlicher Kommunikationsprozesse befaßt
hat. Diese beiden Ansätze werden nicht nur miteinander verbunden
- welchen Anteil haben Kriegsdarstellung und Kriegsdeutung an der
Konstruktion von Nationen? -, sondern auch noch mit einem dritten
Forschungsstrang verknüpft, der Bürgertumsforschung, die das Thema
Krieg und Militarismus bisher noch wenig beachtet hat. Die
Bürgertumsforschung wird insofern einbezogen, als der
Kommunikationsprozeß, der, wie soeben beschrieben, bei der Schaffung
nationaler Identität eine konstitutive Rolle spielt, auf die soziale
Trägergruppe des Bildungsbürgertums bezogen wird. Im Ergebnis
läßt sich für 1864 und 1866 eine kontroverse Kriegsdeutung
rekonstruieren, die sich 1870/71 homogenisierte, um dann fast unverändert die
Jahrzehnte des Kaiserreichs zu überdauern. Alle Brüche in der politischen
Kultur zwischen 1871 und 1914 gingen am öffentlich inszenierten Bild des
deutsch-französischen Krieges praktisch spurlos vorüber. Die homogene
Deutungskultur des deutsch-französischen Krieges, die sich insofern
konstatieren läßt, zerfällt in zwei große Themenkomplexe.
Das erste Hauptthema bildet die Frage der Heeresverfassung, der Form der
Kriegführung. Hier spiegeln sich alle Konflikte, die es seit der
Französischen Revolution um stehende Heere und Milizen, fürstliche
Befehlsgewalt und Nationalbewaffnung geben hatte. 1870/71 stellt sich bei den
deutschen Gebildeten eine klare Option für die staatliche Lenkung der
Kriegführung heraus, unter der Voraussetzung freilich, daß die
Streitkräfte über die allgemeine Wehrpflicht zur Gesellschaft hin
geöffnet sind. Dem Volkskrieg wird eine klare Absage erklärt. Er wird auf
der politischen Ebene mit Republik und Demokratie identifiziert, während man
im preußisch-deutschen Modell eine gelungene Synthese und Führung und
Partizipation zu erkennen vermeint. Die erfolgreiche Kriegführung soll die
Leistungsfähigkeit eines politischen Systems verbürgen, das ebenfalls
von einem Kompromiß zwischen alten und neuen Eliten getragen wird. Das
zweite Hauptthema ist das Verhältnis von Krieg und Nationswerdung, von
Armee und Nationalidentität. Die Geburt der Nation aus dem Krieg erleichtert
den Merkmalstransfer von der Armee auf die Nationalidentität. Die
bürgerliche Öffentlichkeit nutzt diesen Mechanismus, um durch eine
ausgesprochen bürgerliche Zeichnung des Heeres auch den Anteil des eigenen
Lagers am neuen Nationalstaat zu unterstreichen. Die deutschen Soldaten werden zu
Erwerbs- und Familienmenschen stilisiert, die auch während des Feldzuges
konsequent in den sozialen Rollen verbleiben, die sie im Frieden innehatten - alles
Landsknechthafte bleibt ihnen fremd. Eine solche Armee ist wirklich der Agent des
Nationalinteresses, sie ist praktisch mit der Nation identisch, auch wenn es nach wie
vor die alte Militäraristokratie ist, der man ihre Führung anvertraut. Diese
Delegierung ist jedoch nicht mehr durch Tradition und Privileg begründet,
sondern wird aufgrund von fachlichem Können vorgenommen. Nationales
Engagement und professionelle Führung gehen eine Synthese ein, die das
besondere Leistungsvermögen der deutschen Streitkräfte
begründet.
Projektbegleitende Aktivitäten:
Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen: |
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Hans-Joachim Peter