Forschungsbericht 1999-2000   
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Psychologische Diagnostik und Klinische Psychologie

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[Pfeile  gelb] Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Fachbereich 07 - Psychologie und Sportwissenschaft
Psychologisches Institut I - Psychologische Diagnostik und Klinische Psychologie
Arbeitsbereich Prof. Dr. R. de Jong-Meyer
 


Analyse und Veränderung motivationaler
Faktoren bei Alkoholabhängigen

Veränderungen motivationaler Faktoren stehen im Mittelpunkt aktueller Kurzinterventionen bei Alkoholabhängigen. Durch die eigenen Arbeiten in diesem Forschungsfeld soll empirisch belegt werden, dass Kurzinterventionen unter Berücksichtigung aktueller Befunde zu Motivations- und Selbstregulationsprozessen spezifischer als bisher gestaltet werden können und dass die bislang im Mittelpunkt von Programmen stehenden alkohol- bzw. abstinenzbezogenen Ziele ergänzt bzw. ersetzt werden sollten durch die Förderung von nicht-alkoholbezogenen Zielen in verschiedenen Lebensbereichen.

Ein Ausgangspunkt der eigenen Projekte war der "Motivational-Structure-Questionnaire - MSQ" (Cox, Klinger und Blount, 1996), für den zunächst eine Übersetzung (Cox, Klinger, Fuhrmann und de Jong-Meyer, 1995) und eine Adaptation für eine Gruppen-Anwendung unter stationären Behandlungsbedingungen (Schroer, Fuhrmann, de Jong-Meyer & Cox: Zielaktivierung und Zielklärung - ZAK) entwickelt wurde. Das Verfahren erfasst Ziele in verschiedenen Lebensbereichen, die jeweils bei Zielannäherung erwarteten affektiven Konsequenzen, die persönliche Anstrengungsbereitschaft, die Zeitperspektive bei Zielannäherung, die Erfolgserwartung sowie weitere Indikatoren der Motivationsstruktur. Mit der Erwartung, dass die intensive Auseinandersetzung mit nicht-trinkbezogenen Zielen eine gute Voraussetzung sowohl für die Zielannäherung wie - indirekt - für Abstinenz schafft, wurde der therapeutengeleitete Einsatz der Motivationsstrukturanalyse als Kurz-Intervention bei Alkoholabhängigen in verschiedenen Entwöhnungsstadien untersucht (Dissertationsprojekt Schroer, in Kooperation mit der Westfälischen Klinik für Psychiatrie, Reker, Fuhrmann). Die Patienten wurden in drei Sitzungen angeleitet, sich ihre aktuellen Ziele imaginierend zu vergegenwärtigen, sie zu präzisieren, affektive Konsequenzen der Zielverfolgung zu antizipieren, den zeitlichen Rahmen einzugrenzen sowie weitere zielbezogene Schritte durchzuführen. Außer der Wirksamkeitsüberprüfung wurden unterschiedliche Selbstregulationskompetenzen und -defizite mit der nachfolgenden Behandlungsaktivität, dem Trinkverhalten und dem subjektiven Wohlbefinden der Patienten in Beziehung gesetzt. Als Vergleichsgruppenbedingung wurde das "Gruppentraining Sozialer Kompetenz" durchgeführt. Die bisher ausgewerteten Daten von über 120 Patienten belegen eine vergleichbare Effektivität über die Gesamtgruppe der Patienten. Das vorliegende Manual wurde um Module zur Zielpriorisierung und zur Förderung der Zielerreichung ergänzt und wird derzeit an weiteren Stichproben überprüft.

Weiterentwicklungen und Adaptationen der Motivationsstrukturanalyse und darauf aufbauender Interventionen stehen auch im Mittelpunkt einer Kooperation mit Prof. Cox (Bangor, Wales, Großbritannien), die seit 1998 durch eine Drittmittelförderung aus dem "Programm zur Förderung des projektbezogenen Personenaustauschs mit Großbritannien" (Deutscher Akademischer Austauschdienst DAAD sowie British Council) unterstützt wird. Als Ergebnisse der Treffen konnten die Indikatoren aus MSQ und ZAK reduziert und präzisiert sowie die Instruktions- und Auswertungsbögen vereinheitlicht werden. Layout und Benutzerfreundlichkeit wurden verbessert. Eine computerisierbare Rückmeldung der Ergebnisse wurde vereinbart. Sowohl in Deutschland wie in Großbritannien wurde begonnen, das Verfahren in die stationäre bzw. ambulante Routineversorgung zu implementieren. Eine in der eigenen Arbeitsgruppe entwickelte Bibliotherapie-Adaptation (de Jong-Meyer, Bruns & Delfs, 1994) soll nach Übersetzung auch im angelsächsischen Sprachraum erprobt werden. Derzeit werden Auswertungen vorhandener Daten koordiniert, vor allem im Hinblick auf Beiträge für eine Monographie (Cox, M. & Klinger, E. (Eds.) Motivating People for Change: A Handbook of Motivational Counseling. New York: Wiley), in der die therapeutischen Interventionen sowie die Ergebnisse der Effektivitäts- und Evaluationsstudien zusammenfassend dargestellt werden sollen.

Neben der Weiterentwicklung klinischer Interventionen sind beide Arbeitsgruppen daran interessiert, Prozesse der schemageleiteten Informationsaufnahme und verarbeitung mit Indizes der Motivationsstruktur in Beziehung zu setzen. Hieraus entstand ein Drittmittelantrag im Schwerpunkt Sucht des 5. Rahmenprogramms Forschung und Technologie der EU. Auch wenn im ersten Anlauf keine Bewilligung resultierte, wurden koordinierte nationale Vorstudien zum Thema "Selektive Aufmerksamkeit für alkoholbezogene sowie für zielbezogene Stimuli" initiiert. Die derzeit laufenden Untersuchungen nutzen das "Emotionale Stroop-Paradigma" mit oder ohne gleichzeitige Exposition von alkoholbezogenen Hinweisreizen und vergleichen bei stationär behandelten alkoholabhängigen Patienten Interferenzeffekte auf alkoholbezogene Worte mit denen auf Worte, die persönlich relevante Ziele repräsentieren. Es konnte gezeigt werden, dass auch Worte mit Bezug zu wichtigen persönlichen Zielen die Reaktionszeiten gegenüber neutralen Worten verlangsamten. Für Alkoholpatienten zu Beginn ihrer Entwöhnung erzeugten Alkoholworte und Worte mit Bezug zu wichtigen persönlichen Anliegen (insbesondere den gerade problematisch eingeschätzten) vergleichbare Interferenzen.

Drittmittelgeber:

British German Academic Research Collaboration-ARC 1.07.98 - 30.06.2001

Beteiligte Wissenschaftler:

Ph.D. M. Cox (Bangor, Wales, Großbritannien), Dipl.-Psych. S. Eickelmann, Dipl.-Psych. A. Fuhrmann (Westfälische Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Münster), Dr. A. Gerlach, Prof. Dr. R. de Jong-Meyer (Leiterin), Dr. J. Lindenmeyer (Salus Klinik Lindow), PD Dr. T. Reker (Westfälische Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie), Dipl.-Psych. B. Schroer (Westfälische Klinik fürPsychiatrie und Psychotherapie Münster), Dr. B. Wilken

Veröffentlichungen:

Fuhrmann, A., B. Schroer, R. de Jong-Meyer, Th. Reker: Zur Motivationsstruktur alkoholabhängiger Patienten. Fortschritte der Neurologie - Psychiatrie, Sonderheft zum III. Psychotherapiekongreß der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), 67, 18.

de Jong-Meyer, R., B. Wilken: Die Förderung motivationaler und selbstregulativer Prozesse bei Alkoholabhängigen. In: R. Dohrenbusch & F. Kaspers (Hrsg.). Fortschritte der Klinischen Psychologie und Verhaltensmedizin. Lengerich: Pabst Verlag, 2001.

Schroer, B., A. Fuhrmann, R. de Jong-Meyer, M. Cox: Zielaktivierung und Zielklärung (ZAK): Eine Methode zur Förderung motivationaler Klärungsprozesse in der Psychotherapie. Münster: Unveröffentlichtes Therapiemanual, 2000.

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 2002-03-25