Forschungsbericht 1999-2000 | |
Psychologisches Institut I Psychologische Diagnostik und Klinische Psychologie Fliednerstr. 21 48143 Münster Tel. (0251) 83-3 41 23 Fax: (0251) 83-3 41 13 e-mail: @psy.uni-muenster.de WWW: http://wwwpsy.uni-muenster.de/inst1.html Direktor: Prof. Dr. Bommert | |
Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Fachbereich 07 - Psychologie und Sportwissenschaft Psychologisches Institut I - Psychologische Diagnostik und Klinische Psychologie Arbeitsbereich Prof. Dr. R. de Jong-Meyer | ||||
Die Erfassung von Selbstregulationsprozessen und ihre Beeinflussbarkeit
Modelle und Befunde der allgemeinpsychologischen Grundlagenforschung verweisen
auf spezifizierbare Selbstregulations- und Handlungskontrollprozesse, die die Planung,
Umsetzung und Bewertung von zielorientierten Handlungen fördern oder
hemmen. Ziel der eigenen Projekte in diesem Bereich ist es, diese Prozesse auch bei
psychischen Störungen zu untersuchen und zu klären, unter welchen
Bedingungen und über welche Mechanismen es zu diesen fördernden
bzw. hemmenden Effekten kommt.
Die in verschiedenen klinischen Gruppen (u. a. Angststörungen, vgl. Henn,
Wilken & de Jong-Meyer, 1997; Essstörungen, vgl. de Jong-Meyer, Engberding, Schipper
& Gillhoff; in Vorbereitung) übereinstimmend gefundenen Veränderungen von
Handlungskontroll- und Selbstregulationskompetenzen im Verlauf von Therapien, die zudem
mit guten Therapieerfolgen in Beziehung standen, waren Anlass, prospektiv zu untersuchen, ob
Kurzinterventionen unter motivations- und volitionspsychologischer Perspektive optimiert
werden können.
In den Dissertationsprojekten von Engberding und Michalak wurden zwei Kurzinterventionen
entwickelt: a) die Förderung einzelner Phasen der Handlungssteuerung und ihrer
Übergänge vom Abwägen über das Planen zur Umsetzung
selbstgewählter Ziele und b) die zielorientierte Aktivierung von Ressourcen. Der
Wirksamkeitsvergleich dieser beiden Interventionen untereinander und gegenüber zwei
Kontrollbedingungen des bisher üblichen Vorgehens ("verhaltenstherapeutische
Aktivitätsförderung" und "Unterstützung von Klienten im
selbstgewählten Umgehen mit Zielen") erfolgte über eine kontrollierte
Therapie-Analogstudie. 134 Klienten mit niedergeschlagener, ängstlicher
Befindlichkeit verbunden mit Belastungsempfinden, Passivität, Lustlosigkeit sowie
Problemen des Zeitmanagements wurden den jeweils aus 5 Sitzungen bestehenden
Beratungsbedingungen nach Zufall zugewiesen. Bei den 112 Klienten, die die
Interventionen nach Plan beendeten, gab es sehr bedeutsame Annäherungen an ihre
selbstgesetzten Ziele. Ihre Selbstregulations-Kompetenzen nahmen zu (u. a. schnelleres
Entscheiden, zügigerer Handlungsbeginn, bewussteres Vorgehen in Planung und
Umsetzung, weniger Angst vor Mißerfolg), und ihr emotionales Befinden verbesserte sich.
Diese Veränderungen hielten bis zur Nachkontrolle 6 Wochen nach dem letzten
Gespräch an. Nach den varianzanalytischen Auswertungen ergaben sich bei den meisten
Erfolgsmaßen keine differentiellen Effekte zwischen den Behandlungen. Der Vergleich
über die erreichten Effektstärken ließ demgegenüber erkennen, dass
die speziell optimierten Interventionen die Erfolgsindikatoren deutlicher und mit
günstigerem längerfristigen Trend beeinflussten. Das Ziel der Optimierung
kürzerer psychologischer Therapien wird weiterverfolgt, da Kurzinterventionen bei
nachgewiesener Wirksamkeit für ein breites Spektrum subklinischer bis mittelschwerer
klinischer Störungen auch unter Kosten-Nutzen-Perspektive indiziert sind.
Einen zentralen Stellenwert im Rahmen des Projektes nahmen spezifisch für
Selbstregulation als relevant erachtete Interaktionsbeobachtungen und motivationsbezogene
Sitzungseinschätzungen ein. Hier zeigte sich, dass die Anteile handlungsorientierter
Äußerungen der Klienten und Therapeuten im Therapieverlauf deutlich zunahmen
und die Anteile lageorientierter Planung sowie Misserfolgsverarbeitung deutlich abnahmen.
Nach den Sequenzanalysen reagierten sowohl Klienten wie Therapeuten überwiegend
durch Übernahme/Aufgreifen des vom Gesprächspartner gesetzten
Aufmerksamkeitsfokus. Es zeigte sich weiterhin, dass die Klienten in erfolgreichen Beratungen
signifikant häufiger die Aufmerksamkeitsfokussierung des Therapeuten aufgriffen bzw.
einen impulsgebenden Wechsel initiierten als die Klienten in nicht erfolgreichen Beratungen. Zu
Therapieende korrelierte die im Gespräch aktualisierte Handlungsorientierung mit den
Erfolgsindikatoren der Therapien, mit der tatsächlichen Erreichung der von den Klienten
angestrebten individuellen Ziele und mit einer Verbesserung der Affektivität.
Die klinische Relevanz dieser Prozessanalyse-Ergebnisse liegt nicht nur in den aufgezeigten
und nun prospektiv prüfbaren Möglichkeiten einer gezielteren Gestaltung von
Therapeut-Klient-Interaktionen, sondern auch in der Nutzung im Rahmen der
Therapeuten-Ausbildung.
Nach der Vorstellung der Ergebnisse auf Kongressen (siehe Forschungsbericht 1997/98) und
dem Abschluss der Promotionen werden derzeit Anschluss-Projekte vorbereitet, in denen die
zeitliche Kontingenz von Therapeutenreaktionen auf selbstbezogene Äußerungen
von Patienten untersucht werden soll. Im Falle der Bewilligung eines bei der DFG beantragten
Graduiertenkollegs der Universität Osnabrück zum Thema "Integrative
Kompetenzen und Wohlbefinden: Somatische, psychische, soziale und kulturelle
Determinanten" , bei dem die eigene Arbeitsgruppe als "externer" Partner beteiligt ist, wird
dieser Forschungsbereich in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Kuhl
weitergeführt.
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen: |
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Hans-Joachim Peter