Forschungsbericht 1999-2000 | |
Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft
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Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Fachbereich 06 - Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft Internationale Bildungsforschung | ||||
Internationale Bildungsforschung / Schulbuchanalyse
Im Mittelpunkt des bisherigen Forschungsprojektes steht die Behandlung
ausgewählter Themenbereiche in deutschsprachigen Schulbüchern
für Geschichte seit 1870 bis heute. Mit der menschlichen Urgeschichte, der
Frühgeschichte Griechenlands und Ägyptens stehen drei Themenbereiche
im Mittelpunkt der Schulbuchuntersuchung, deren Wahrnehmung, Darstellung und
Bewertung in den wissenschaftlichen Diskussionen traditionellerweise durch
nationalistische, rassistische und religiös inspirierte Argumentationsmuster
geprägt bzw. beeinflusst sind. In unserer Perspektive interessieren uns staatlich
genehmigte Schulbücher als legitimierte Kanonisierungen von relevanten einzel-
und weltgesellschaftlichen Wissensbeständen (die nur sehr vermittelt und relativ
wenig zu tun haben mit den entsprechenden tatsächlichen Einstellungen und
Kenntnissen der Angehörigen der verschiedenen Generationen). Die Analyse
von deutschsprachigen Schulgeschichtsbüchern in der
Längsschnittprespektive zeigt, ausgehend von der Ablösungsgeschichte
der christlichen Ideologie, die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte von
Nationalismus und Rassismus. Einerseits lassen sich in den deutschsprachigen
Schulgeschichtsbuchdarstellungen eindeutige Tendenzen der wissenschaftlich
begründeten Überwindung von ausgrenzenden - nationalistischen,
rassistischen und religiösen - Paradigmen als Richtmaß für
die Interpretation von Geschichte feststellen. Diese Entwicklung korreliert mit einer
allgemein feststellbaren schrittweisen Herausbildung eines neuen kollektiv erlernten
kognitiven Bewusstseinsstandes für die menschheitliche Integrationsebene der
Weltgesellschaft. Andererseits wird auch in den heutigen Schulbuchdarstellungen das
erste "unbewusst erlebte kollektive Ereignis" der Menschheitsgeschichte, die
Entstehung des Menschen selbst in seiner Bedeutung für die weitere
Entwicklung der Menschheit nicht wahrgenommen bzw. nicht kognitiv rekonstruiert.
So wird weiterhin ein Geschichtsbild legitimiert und tradiert, das insbesondere die
Unterschiedlichkeit von menschlichen Zivilisierungsprozessen betont und
übergeordnete Zusammenhänge ignoriert. Nur durch einen grundlegenden
Paradigmenwechsel (gemeinsamer Ursprung der Menschheit, gemeinsame Einbindung
in sehr langfristige überregionale /menschheitliche Lernprozesse) in den
Schulbüchern und Lehrplänen kann Schule ihren Beitrag dazu leisten, den
Individuen die geistigen Werkzeuge zu vermitteln, die sie dazu befähigen, die
komplexen Verhältnisse der heutigen Weltgesellschaft zu erfassen und
dementsprechend zu fühlen und zu handeln. In einem zweiten Schritt soll die im
Rahmen des Promotionsvorhabens durchgeführte einzelstaatliche
Schulbuchanalyse ergänzt werden, durch eine internationale
Querschnittsuntersuchung aktueller Unterrichtswerke in Bezug auf den gleichen
Themenkomplex. Im Rahmen der internationalen Schulbuchanalyse können so
global bestehende Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Deutungs- und
Wahrnehmungsmuster von Vergangenheit identifiziert, verglichen und interpretiert
werden.
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen: |
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Hans-Joachim Peter