Forschungsbericht 1999-2000   
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[Pfeile  gelb] Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Fachbereich 06 - Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften
Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft
Internationale Bildungsforschung
 


Sprachpolitik und Strategien der Erstalphabetisierung

Angesichts der durch ausgeprägte Multilingualität charakterisierten Ausgangssituation in den meisten Staaten der Welt (über 4000 "lebende Sprachen" in rund 200 Staaten) hat jede Art von ("aktiver" oder "passiver") Sprachenpolitik weitreichende sozio-kulturelle Konsequenzen, u.a. für die Strukturierung der jeweiligen "Öffentlichkeiten" und ihrer Nähe oder Ferne zum Ideal der demokratischen Zivilgesellschaft. In diesem Zusammenhang spielt die Sprachenpolitik im öffentlichen Bildungswesen eine herausragende symbolische und praktisch-didaktische Rolle. Angesichts der großen Zahl von Ausgangssprachen auf Seiten der Lernenden ist die Option für ein schulisches Sprachenspektrum (insbesondere die Option für die dominierende(n) Unterrichtssprache(n)) immer gleichzeitig eine allgemeine Strategie der Einbeziehung und Ausgrenzung von Menschengruppen in ihrer je spezifischen sozio-kulturellen Klassenlage. Auf der analytischen Ebene des lernenden Individuums ist vor allem während des Anfangsunterrichts/der Erstalphabetisierung (indirekt aber auch weit darüber hinaus) von entscheidender Bedeutung für die Möglichkeit schrittweiser aufeinander aufbauender Lernfortschritte, ob an das Ausgangspotential der mündlich (mehr oder weniger) "gemeisterten" Herkunfts- oder Verkehrssprachen angeknüpft werden kann. Die hier beschriebenen Arbeitsvorhaben beziehen sich in erster Linie auf West-Afrika. Sie sind u.a. vor dem Hintergrund des oben beschriebenen Forschungsprojekts über Lernerfolge im Grundbildungsbereich und einer mehrjährigen Tätigkeit als Berater eines großen, von der Weltbank koordinierten Projekts zur Unterstützung der Grundbildung in Senegal entstanden. Die Weltbank und einige weitere internationale Bildungshilfe-Geber unterstützen zurückhaltend oder offen die Förderung der afrikanischen Sprachen, entscheidende Kreise der französischen Außen-, Bildungs- und Entwicklungspolitik blockieren dies weiterhin offen oder versteckt. Mehrere mögliche Arbeitsschwerpunkte sind vorbereitet:

  1. Entwicklung von (didaktischen) Materialien:
    Mit einer Anschubfinanzierung der WWU hat J. Naumann zusammen mit einer Gruppe von Linguisten und Lehrern aus Dakar das Projekt eines Wörterbuchs "Wolof-Français/Français-Wolof" mit je 35.000 Stichwörtern pro Ausgangssprache entwickelt. Die UNESCO war bereit, das Projekt (in finanziell begrenztem Maße) zu unterstützen; weitere Sponsoren konnten bisher nicht gefunden werden. J. Naumann hatte in Zusammenarbeit mit dem staatlichen senegalesischen Bildungsforschungsinstitut INEADE vom senegalesischen Bildungsministerium die Erlaubnis erwirkt, im Grundbildungsbereich als Experiment didaktische Materialien zur Überbrückung der Kluft zwischen Herkunftssprache und Französisch als Unterrichtssprache/als Sprache der Schulbücher zu entwickeln. - Leider konnte bisher die finanzielle Unterstützung der Weltbank für Experimente zur Erstalphabetisierung unter Einbeziehung der akrikanischen Herkunftssprachen (Modelle der Konsekutiv- oder Parallelalphabetisierung noch nicht gesichert werden.
  2. Re-analysen empirischer Untersuchungen:
    Die Konferenz westafrikanischer Bildungsministerien (CONFEMEN) hat eine Reihe großer empirischer Forschungsprojekte über die Lernerfolge der SchülerInnen im formalen Grundschulbereich durchgeführt (PASEC, für die Fächer "Französische Sprache", "Mathematik"), u. a. auch für Senegal. Dabei wurde die Abhängigkeit der Lernerfolge der SchülerInnen von ihrem sprachlichen und sozio-ökonomischen Herkunftsmilieu auf analytisch unbefriedigende Weise berücksichtigt. - Durch Reanalysen der zugänglichen Rohdaten soll die bisherige, durch konservative Interessen geleitete Auswertungspolitik substantiiert kritisiert werden.

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Jens Naumann, Dipl.-Päd. Peter Wolf

Veröffentlichungen:

Naumann, J.; P. Wolf: La Performance des Systèmes africains d'enseignement primaire: critique et nouvelle analyse de données PASEC pour le Sénégal. Perspectives, vol. XXXI, no. 3, septembre 2001.

Naumann, J.; P. Wolf: Empirische Lernerfolgsforschung in afrikanischen Grundschulsystemen - Kritik und Reanalyse von PASEC-Daten für Senegal. 2001. Arbeitspapier.

Naumann, J.: Curriculum and Languages: Teaching in African Languages and Learning Strategies. Vortrag im Seminar in Nairobi, Kenya, 25.-29. Juni 2001; "Curriculum development and education for living together: conceptual and managerial challenges in Africa and the world.

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 2002-04-08