Forschungsbericht 1999-2000   
WWU-Logo Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft
Georgskommende 26 u. 33
48143 Münster
Tel. (0251) 83-24227, -24218, -24234, -24200
Fax: (0251) 83-24184, -24242
e-mail: wittea@uni-muenster.de
WWW: http://www.uni- muenster.de/Erziehungswissenschaft

Direktor: Prof. Dr. Bernd Zymek

 
 
 
[Pfeile  gelb] Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Fachbereich 06 - Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften
Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft
Internationale Bildungsforschung
 


Alphabetisierung und Grundbildung in Senegal - zur Konkurrenz und
Komplementarität von "modernen" und "angepassten" Strategien

In der empirisch orientierten bildungswissenschaftlichen Diskussion über afrikanische Länder wird immer wieder ein durchschnittlich niedriger Lernerfolg der Kinder festgestellt. Gleichzeitig wird versucht, zu analysieren, inwieweit einerseits verschiedene Aspekte der "Qualität von Schule und Unterricht" oder aber andererseits die sozio-kulturellen Herkunftsmilieus der Kinder die beobachtbaren Lernunterschiede erklären können. Die vorgelegte Pilotstudie untersucht eine repräsentative Stichprobe von SchülerInnen der vierten und sechsten Klasse verschiedener öffentlicher und privater (katholischer) moderner Schulen (Unterrichtssprache: Französisch) in einem teilweise ländlichen, teilweise kleinstädtishen Arrondissement, ca. 150 km östlich der Hauptstadt Dakar, und vergleicht ihre Lernerfolge (Lesen, Schreiben, Rechnen, Verständnis der Operationen) und ihre schulischen und soziokulturellen Lebensmilieus mit denen von Kindern in "modernen" und traditionellen islamischen Schulen (privaten "informellen" Schulen; dominierende Unterrichtssprache: Arabisch), sowie mit denen von Jugendlichen und Erwachsenen in (informellen) Alphabetisierungskursen in zwei Nationalsprachen. Die Untersuchungsinstrumente wurden den Unterrichtssprachen der jeweiligen Schulart bzw. den Umgangssprachen des Herkunftsmilieus angepasst. Die Ergebnisse zeigen ähnliche Niveaus von Lese- und Schreibfertigkeiten, sowie Textverständnis bei allen Lernergruppen (Ausnahme: traditionelle Koranschulen), während Rechenfertigkeiten und -verständnis der SchülerInnen "informeller Schulen" deutlich niedriger liegen ("Rechnen" spielt im Curriculum dieser Schulen auch eine geringere oder keine Rolle). Die durchschnittlichen Lernerfoge der SchülerInnen privater (französischsprachiger, katholischer) Schulen und der öffentlichen (französischsprachigen) städtischen Schule sind signifikant besser als die Ergebnisser der ländlichen öffentlichen (französischsprachigen) und der ländlichen privaten informellen (arabischsprachigen) Schulen. Eine genauere Berücksichtigung der soziokulturellen Herkunftsmilieus der SchülerInnen [hierbei insbesondere: die in der Familie gesprochene(n) Sprache(n)] und der Ergänzung der schulischen Zielsprache (Französisch für die formalen, Arabisch für die informellen Schulen; nur in den informellen Alphabetisierungskursen stehen afrikanische Sprachen im Mittelpunkt) durch die mehr oder weniger intensive Nutzung der afrikanischen Verkehrssprachen durch die Lehrer (bzw. "dolmetschende" Schüler) zeigt die überragende Bedeutung des "Faktors Sprache" in der Erklärung von Lernerfolgsunterschieden der SchülerInnen im Bereich der Grundbildung bzw. der Erst-Alphabetisierung. Andere Aspekte der Qualität der Schule, der Ausstattung mit Schulbüchern, der Länge und Qualität der Lehrerbildung, der ökonomischen Ausgangslage der SchülerInnen rücken in den Hintergrund. Der innovative Beitrag unserer Studien liegt in unserer kritischen Distanz zur Validität üblicherweise benutzter Instrumente und statistischer Analyseverfahren der Schulleistungsforschung und der vergleichenden Einbeziehung von "informellen Schulen" und Alphabetisierungskursen. Der jüngste, von Frau Wiegelmann herausgegebene Band enthält Beiträge zu einer breiten Palette von bildungssoziologischen und -politischen Entwicklungen in Senegal.

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Jens Naumann, Dr. Ulrike Wiegelmann

Veröffentlichungen:

Wiegelmann, U.: Alphabetisierung und Grundbildung in Senegal - ein empirischer Vergleich zwischen modernen und traditionellen Bildungsgängen und Schulen. Frankfurt/M.: Iko-Verlag, 1999.

Wiegelmann, U.; J. Naumann: Analyser pour améliorer: Nouvelles recherches sur les défis de l'éducation de base au Sénégal. In: Tertium Comparationis, Jg. 5, H. 1, 1999, S. 72-97.

Wiegelmann, U. (Hg.): Afrikanisch - europäisch - islamisch? Entwicklungsdynamik des Erziehungswesens in Senegal. =Historisch-vergleichende Sozialisations- und Bildungsforschung, Bd. 5, eingereicht.

 
 
[Startseite (Rektorat)] [Inhaltsverzeichnis] [vorherige Seite] [nächste Seite]

Hans-Joachim Peter
EMail: vdv12@uni-muenster.de
HTML-Einrichtung: Izabela Klak
Informationskennung: FO06AA08
Datum: 2002-04-08