Forschungsbericht 1999-2000   
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[Pfeile  gelb] Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Institut für Experimentelle Audiologie
Labor für Biophysik
 


Funktionsanalyse mechanischer und biologischer Herzklappenprothesen durch holographische Interferometrie

Für viele Patienten mit Herzklappenerkrankungen besteht als einzige Behandlungsmöglichkeit der operative Austausch der erkrankten Klappe gegen eine Herzklappenprothese. Die natürliche menschliche Herzklappe besitzt jedoch in Bezug auf Funktion und Aufbau einzigartige Eigenschaften, die im Normalfall zu einer lebenslangen Funktion führen und die von künstlichen Herzklappenprothesen nur unvollständig nachgeahmt werden können. Sowohl in mechanischen als auch in biologischen Herzklappenprothesen können bereits bei der Implantation verborgene Strukturdefekte vorhanden sein, die unter der permanenten Belastung nach Implantation schließlich zum Versagen der Prothese führen. In diesem Projekt wurde erstmals die holographische Interferometrie zur Analyse von biologischen Herzklappenprothesen eingesetzt. Das hier am Labor für Biophysik in Zusammenarbeit mit der Klinik und Poliklinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie entwickelte Verfahren ermöglicht es, in-vitro berührungslos und zerstörungsfrei Strukturdefekte bzw. irreguläre Deformationsmuster unter Belastung der Klappenmaterialien zu entdecken, die bei einer Oberflächenbetrachtung mit dem Mikroskop verborgen bleiben. Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, dass die holographische Interferometrie eine sehr genaue Erkennung von intrinsischen Strukturdefekten und irregulären Deformationsmustern, die zu einer gesteigerten mechanischen Belastung führen, in Herzklappenprothesen ermöglicht. Dies gilt sowohl für mechanische als auch für biologische Herzklappen. Der Vorteil der holographischen Interferometrie ist die völlig berührungslose Vollfeld-Untersuchung des Objektes, d.h. eine zu untersuchende Herzklappe kann mit einem Messvorgang in allen Abschnitten beurteilt werden. Die holographischen Untersuchungen von handelsüblichen Bioprothesen zeigte, dass in einer Vielzahl analysierter Klappen sich Auffälligkeiten in den Interferogrammen zeigten, die Hinweise auf Schädigungen der Gewebetextur bzw. ungünstige Veränderungen der Gewebeeigenschaften mit gesteigerter mechanischer Belastung gaben. Eine Häufung holographisch detektierter Anomalien in den Bioprothesen läßt sich im Bereich der Kommissuren und der basalen Befestigungsnaht der Segel an dem Prothesengerüst beobachten. An diesen Stellen beschreibt die Literatur die Ausgangspunkte für die Verkalkung der Grafts und führt dies auf die hohe mechanische Belastung des Gewebes in diesen Arealen zurück. Zum Zeitpunkt der holographischen Messung sind die Klappen noch keiner mechanischen Beanspruchung ausgesetzt gewesen, dennoch lassen sich im Vergleich zu natürlichen menschlichen und tierischen Herzklappen Irregularitäten nachweisen, die - und dies wurde durch neuartige Kalzifikationsexperimente überprüft - Ausgangspunkt der Verkalkung der Herzklappen darstellen, die letztlich zum Funktionsverlust der Herzklappenprothese führen. Derzeit wird verstärkt an der Erweiterung und Optimierung des Meßverfahrens gearbeitet, um so Herzklappenprothesen verschiedener Funktionsart und Hersteller untersuchen zu können. Die im Rahmen dieses Projektes geleistete Forschungsarbeit wurde mit dem Hancock II Jahrespreis 2000 der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefässchirurgie ausgezeichnet.

Drittmittelgeber:

Deutsche Forschungsgemeinschaft DE 687 / 1-2

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. h.c. (Acad. Sci. UA) G. von Bally (Projektleiter), Dipl.-Phys.Ing W. Castellón, Dipl. Ing A. Merker, Dipl.-Phys. B. Kemper, Prof. Dr. H. Scheld (Projektleiter, Klinik für Torax-, Herz- und Gefäßchirurgie), Priv. Doz. Dr. med. M. Deiwick (Projektleiter, Klinik für Torax-, Herz- und Gefäßchirurgie), Prof. Dr. W. Böcker (Pathologisches Institut), Prof. Dr. G. Rau (Helmholtz Institut für Biomedizinische Technik, RWTH-Aachen), Dr. B. Glasmacher (Helmholtz Institut für Biomedizinische Technik, RWTH-Aachen)

Veröffentlichungen:

Deiwick, M., Glasmacher, B., Tjan, T.D.T., Reul, H., von Bally, G., Scheld, H.H.: Holographic interferometry and in vitro calcification: Comparing pericardial versus porcine bioprostheses. J. Heart. Valve. Dis 7 (1998) 419-27

Glasmacher, B., Reul, H., Schneppershoff, S., Schreck, S., Rau G.: In vitro calcification of pericardial bioprostheses. J. Heart. Valve. Dis. 7 (1998) 415-418

Deiwick, M., Glasmacher, G., Baba, H., Roeder, N., Reul, H., von Bally, G., Scheld, H.H.: In vitro testing of bioprostheses, Influence of mechanical stresses and lipids. Ann Thorac Surg 66 (1998) 206-211

Baba, H., Deiwick, M., Breukelmann, D., Glasmacher, B., Scheld, H. H., Böcker, W.: Einfluß präexistenter Lipide auf die Verkalkung von Schweinebioklappenprothesen. Eine Untersuchung am dynamischen In-vitro-Modell. Pathologe 19 (1998) 420-429

Pettenazzo, E., Deiwick, M., Thiene, G., Molin, G., Glasmacher, B., Bottio, T., Reul, H., Valente, M.: Dynamic in vitro calcification of bioprosthetic porcine valves: Evidence of apatite crystallization. J Thorac Cardiovasc Surg 121 (2001) 500-509

Deiwick, M., Glasmacher, B., Pettenazzo, E., Hammel, D., Castellón, W., Thiene, G., Reul, H., Berendes, E., Scheld, H.H.: Primary tissue failure of bioprostheses: New evidence from in vitro tests. Thorac Cardiov Surgeon 49 (2001) 78-83

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 2001-09-27 ---- 2001-10-05