Forschungsbericht 1999-2000   
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Fachbereich 03 - Rechtswissenschaftliche Fakultät
Freiherr-vom-Stein-Institut, Wissenschaftliche Forschungsstelle des Landkreistages Nordrhein-Westfalen an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Sparkassenrecht
 


Die kommunale Bindung der Sparkassen -
Verfassungsrechtliche Möglichkeiten und Grenzen ihrer Ausgestaltung

Unter den Strukturmerkmalen der kommunalen Sparkassen kommt deren Bindung an den kommunalen Träger eine herausragende Bedeutung zu. Gleichwohl ist bislang weitgehend ungeklärt, welchen normativen Gehalt die sog. kommunale Bindung aufweist und welche verfassungsrechtlichen Möglichkeiten und Grenzen für ihre einfach-gesetzliche Ausgestaltung durch den Sparkassengesetzgeber bestehen. Zunächst wird der normative Gehalt der kommunalen Bindung ermittelt. Dazu wird auf das allgemeine Anstaltsrecht zurückgegriffen. Aus diesem läßt sich zum einen herleiten, daß die Sparkassen an ihre Aufgabenstellung, den öffentlichen Auftrag, gebunden sind. Zum anderen beeinhaltet die kommunale Bindung die Berechtigung der Kommunen, als Anstaltsträger auf die Organisation und Tätigkeit der Sparkassen Einfluß zu nehmen. In dieser Hinsicht geht die Untersuchung vor dem Hintergrund der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) und der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (Art. 78 LVerf NW) dogmatisch von einer doppelten Zuordnung derselben Verwaltungsaufgabe aus. Danach wird die Anstaltsaufgabe der Anstalt nur formal zur Wahrnehmung zugeordnet. Materiell-rechtlich betrachtet bleibt sie beim Anstaltsträger.

In einem zweiten Schritt wird der Frage nachgegangen, welche verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an die Ausgestaltung der beiden Elemente der kommunalen Bindung zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf den öffentlichen Auftrag wird untersucht, ob die kommunale Bindung aufgehoben werden kann. Hintergrund ist die Diskussion um die Privatisierung der Sparkassen. Dabei konzentriert sich die Untersuchung auf die sog. Aufgabenprivatisierung. Die vom Bundesverfassungsgericht für die Zulässigkeit eines Aufgabenentzugs in seiner Rastede-Entscheidung entwickelten Grundsätze werden entsprechend angewendet. Der Auffassung, daß die kommunale Selbstverwaltungsgarantie allein staatsgerichtet und daher nur auf den Fall der Verlagerung von kommunalen Aufgaben auf andere Verwaltungsträger anwendbar sei, wird nicht gefolgt. Nach Würdigung der in der Privatisierungsdebatte vorgetragenen Argumente kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, daß eine zwangsweise Aufgabenprivatisierung bei Zugrundelegung der bisherigen Einschätzung der bankwirtschaftlichen Versorgungslage verfassungsrechtlich unzulässig wäre.

Dann geht es um die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an die Organisation des kommunalen Einflusses. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind die Mitglieder der Sparkassenorgane nicht den Weisungen des Gewährträgers unterworfen. Der Gewährträger nimmt auf die Organisation und Tätigkeit der Sparkasse Einfluß, indem er über die personelle Besetzung der Sparkassenorgane entscheidet. In den Verwaltungsrat wählt die Vertretung des Gewährträgers in aller Regel ihre eigenen Mitglieder. Da es sich bei der Sparkasse um ein Institut des kommunalen Trägers handelt, bestehen hiergegen grundsätzlich keine Bedenken. Es besteht aber die Gefahr, daß die Sparkassenorgane mit Mitgliedern besetzt werden, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben nicht ausreichend sachlich qualifiziert erscheinen. Die Untersuchung geht der Frage nach, auf welche Weise dieser Gefahr begegnet werden kann.

Die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an eine Reform werden aus dem Demokratieprinzip hergeleitet. Ausgangspunkt ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach ein »effektiver Einfluß« des Volkes auf die Ausübung von Staatsgewalt verlangt wird. Eine bestimmte Legitimationsform wird danach nicht vorgegeben. Es kommt auf das »Legitimationsniveau« an. Abgelehnt wird die Sichtweise, wonach die anstaltsförmige Verwaltung im Hinblick auf das »Verbot der weisungsfreien Verwaltung« defizitär und die Weisungsfreistellung kompensationsbedürftig sei. Vielmehr wird davon ausgegangen, daß das Grundgesetz eine auf die jeweilige Erscheinungsform von Staatsgewalt bezogene Bestimmung der Legitimationsanforderungen zuläßt. Auf dieser Grundlage werden als Maßstab die Art. 86 ff. GG ausgelegt. Als das die anstaltliche Verselbständigung tragende Motiv wird die Steigerung der Effektivität der Aufgabenerfüllung angesehen. Die Weisungsabhängigkeit von Anstalten wird nicht gefordert. Verlangt wird allein, daß die in den Anstaltsorganen tätigen Amtswalter entweder jederzeit abberufbar sind oder nur zeitlich befristet bestellt werden. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, daß der nordrhein-westfälische Gesetzgeber zur Eindämmung der Gefahr einer sachfremden Besetzung der Sparkassenorgane eine Inkompatibilitätsquote für die gleichzeitige Mitgliedschaft in der Vertretung des Gewährträgers und dem Verwaltungsrat der Sparkasse einführen, die gesetzlichen Qualifikationsanforderungen für die Mitgliedschaft im Sparkassenverwaltungsrat näher konkretisieren und die Genehmigung der Vorstandsbestellung durch die Vertretung des Gewährträgers abschaffen könnte.

Beteiligte Wissenschaftler:

Dr. Holger Obermann, Prof. Dr. Janbernd Oebbecke (Leiter)
 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 2001-06-25 ---- 2001-07-16