Forschungsbericht 1999-2000 | |
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Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Fachbereich 03 - Rechtswissenschaftliche Fakultät Freiherr-vom-Stein-Institut, Wissenschaftliche Forschungsstelle des Landkreistages Nordrhein-Westfalen an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Kommunalrecht | ||||
Rechtsfragen kommunaler Arbeitsmarktpolitik
Arbeitslosigkeit hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zu einem Problem
der Kommunen entwickelt. Allein in den Jahren 1982 bis 1997 hat sich die Zahl der
Arbeitslosen in Deutschland verdoppelt. Die Leistungen der Bundesanstalt für
Arbeit sind so ausgestaltet, daß Langzeitarbeitslose nach und nach in die
Verantwortung der Kreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger
der Sozialhilfe überführt werden. Arbeitslosigkeit ist mittlerweile der
Hauptgrund für den Bezug von Sozialhilfe. Die Kommunen werden so zu
»Ausfallbürgen«, wenn die primären Auffangsysteme des
Staates nicht mehr greifen. Angesichts dieses Phänomens ist auch von einer
»Kommunalisierung der Arbeitslosigkeit« die Rede.
Um die heutige Situation zu erklären, ist ein Blick auf die historische Entwicklung
erforderlich. Ursprünglich war die Verantwortung für Arbeitslose Teil der
allgemeinen Fürsorge, deren Träger seit dem Spätmittelalter die Kommunen
sind. Erst während der Weimarer Republik entwickelte sich ein ausdifferenziertes
System, in dem die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
primär für die Unterstützung von Arbeitslosen zuständig war,
während die allgemeine Fürsorge in der Verantwortung der Kommunen blieb. Sie
waren unter anderem zuständig für Arbeitslose, deren Förderungszeit in der
Arbeitslosenversicherung ausgelaufen war. Diese Aufteilung der Zuständigkeiten ist auch
für das heutige System kennzeichnend. Unter dem Eindruck der massiv gestiegenen
Arbeitslosenzahlen seit den 80er Jahren wurde sie in letzter Zeit häufig kritisiert. Es ist
von einem »Verschiebebahnhof« die Rede. Gemeint ist, daß manche
Kommunen arbeitslosen Sozialhilfeempfängern nicht zuletzt deshalb eine
sozialversicherungspflichtige Tätigkeit verschaffen, damit diese möglichst schnell
wieder in die Zuständigkeit der Arbeitslosenversicherung fallen und den Sozialhilfeetat
nicht mehr belasten.
Das Engagement der Kommunen in der Arbeitsmarktpolitik ist vielfältig. Sie
gründen Beschäftigungsgesellschaften, zahlen Lohnkostenzuschüsse,
fördern Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen und vermitteln
Stellensuchende in den ersten Arbeitsmarkt. Derartige Aktivitäten sind in einigen
sozialwissenschaftlichen Studien untersucht, rechtlich aber bislang nicht umfassend
erörtert worden.
Zunächst sind die verfassungsrechtlichen Grundlagen zu untersuchen. Das Grundgesetz
enthält zwar kein subjektives »Recht auf Arbeit«, aber insbesondere aus
dem Sozialstaatsprinzip ergibt sich ein Verfassungsauftrag zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit, der auch die Kommunen verpflichtet. Dennoch bleibt zu klären,
inwieweit Arbeitsmarktpolitik überhaupt in deren Kompetenzbereich fällt.
Ausdrücklich zugewiesen ist ihnen die »Hilfe zur Arbeit« nach dem BSHG.
Nach § 18 Abs. 2 BSHG haben die Träger der Sozialhilfe
»darauf hinzuwirken, daß der Hilfesuchende sich um Arbeit bemüht und
Arbeit findet«. Die Kommunen sind aber auch über diesen Bereich hinaus aktiv. Es
fragt sich, ob dies vom Grundsatz der Allzuständigkeit nach Art.
28 Abs. 2 GG gedeckt ist, oder ob gesetzliche Regelungen, etwa die
Aufgabenzuweisungen an die Bundesanstalt für Arbeit, entgegenstehen.
Im zweiten Teil der Arbeit sollen die Vorgaben für die Kommunen durch das BSHG und
andere Leistungsgesetze systematisch dargestellt werden.
Im dritten Teil sollen Organisationsformen und Instrumente, die die Kommunen
tatsächlich zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit einsetzen, rechtlich
gewürdigt werden. Dabei geht es unter anderem um eine mögliche
Wettbewerbsbeeinträchtigung durch kommunale Beschäftigungsgesellschaften,
wie sie insbesondere Vertreter des Handwerks wiederholt beklagt haben. Hier sind die
kommunalwirtschaftsrechtlichen Grenzen aufzuzeigen. Ferner ist eine neuere Entwicklung in
den Blick zu nehmen, wonach Kommunen die Organisation ihrer Beschäftigungspolitik
auf kommunale Steuerungsgesellschaften übertragen. Für den Bereich der
Arbeitsvermittlung ist zu klären, inwieweit die Vorschriften des
Arbeitsförderungsrechts analog heranzuziehen sind.
Im letzten Teil der Arbeit ist das Verhältnis zwischen der Arbeitsverwaltung des Bundes
und den örtlichen Trägern der Sozialhilfe zu untersuchen. Zunächst ist das
»duale System« der Arbeitsförderung durch Arbeitsamt und Sozialamt
darzustellen. Anschließend sind die in den vergangenen Jahren begonnenen
Kooperationsbemühungen rechtlich zu würdigen. Dabei ist auch das Gesetz zur
Verbesserung der Zusammenarbeit von Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe
zu berücksichtigen, das am 1. Dezember 2000 in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz
enthält Experimentierklauseln, die im Rahmen von Modellvorhaben eine engere
Zusammenarbeit als bisher ermöglichen. Dies soll zum Anlaß genommen werden,
die verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Vorgaben für derartige Kooperationen zu
untersuchen.
Beteiligte Wissenschaftler: |
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Hans-Joachim Peter