Forschungsbericht 1999-2000 | |
Freiherr-vom-Stein-Institut, Wissenschaftliche Forschungsstelle des Landkreistages Nordrhein-Westfalen an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Von-Vincke-Straße 10 48143 Münster Tel. (0251) 41 85 7 - 0 Fax: (0251) 41 85 7 - 20 e-mail: martell@uni-muenster.de WWW: http://www.uni-muenster.de/Jura.fsi/ Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. Janbernd Oebbecke | |
Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Fachbereich 03 - Rechtswissenschaftliche Fakultät Freiherr-vom-Stein-Institut, Wissenschaftliche Forschungsstelle des Landkreistages Nordrhein-Westfalen an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Kommunalrecht | ||||
Zusammenarbeit zwischen Kreisen und kreisangehörigen Gemeinden
Der Anstieg der Sozialhilfeempfängerzahlen und der damit verbundenen
Sozialhilfeausgaben stellen die kommunalen Sozialhilfeträger vor große
Herausforderungen.Vielerorts sind Reformen zur Organisationsentwicklung und zur
Kostensteuerung in der Sozialverwaltung eingeleitet worden. In das Blickfeld der
kritischen Überprüfung und Optimierungsdiskussion ist dabei auch das
seit langem praktizierte Zusammenwirken von Kreis und kreisangehörigen
Gemeinden beim Vollzug der Sozialhilfeaufgaben geraten. Die interkommunale
Aufgabenerfüllung ist sowohl durch verschiedene in
nordrhein-westfälischen Kreisen entwickelte Modellvorhaben als auch durch
Aktivitäten des Bundes- und des Landesgesetzgebers derzeit einigen
Veränderungen unterworfen. Das Projekt untersucht die Rahmenbedingungen
und die Praxis dieses funktionsteiligen Zusammenwirkens bei der
Sozialhilfeverwaltung im kreisangehörigen Raum sowie den
gegenwärtigen Reformprozeß.
Nach § 96 des Bundessozialhilfegesetzes sind die kreisfreien Städte und die
Kreise örtliche Träger der Sozialhilfe. Die Kreise können die ihnen
zugehörigen Städte und Gemeinden zur Durchführung der Aufgaben
heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen. Von dieser Möglichkeit haben
grundsätzlich alle nordrhein-westfälischen Kreise weitgehend, im Hinblick auf den
konkreten Übertragungsumfang aber durchaus unterschiedlich Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich der Finanzierung bestimmte das nordrhein-westfälische Landesrecht bisher
abweichend von der preußischen Vorgängerregelung und von anderen
Bundesländern für den Fall der Aufgabendurchführung durch
die Gemeinden den Kreis als Kostenträger der Zweckausgaben, die herangezogenen
Gemeinden als Träger der persönlichen und sächlichen Verwaltungskosten.
Die gesetzlich vorgesehene und in Nordrhein-Westfalen in weitem Umfang praktizierte orts-
und betroffenennahe Durchführung von Sozialhilfeaufgaben durch die
kreisangehörigen Gemeinden erweist sich grundsätzlich als sachgerecht und
verwaltungsökonomisch sinnvoll. Organisationstheoretisch birgt die bisher für den
Heranziehungsfall vorgesehene Trennung von Durchführungs- und
Finanzierungsverantwortung allerdings die Gefahr ineffizienten Aufgabenvollzugs in sich. Auch
aus der Verwaltungspraxis wird die Trennung von Durchführungs- und
Finanzierungsverantwortung vielfach als Hemmschuh für effektives und wirtschaftliches
Handeln angesehen, da für die Gemeinden nicht genügend Anreiz bestehe, die
übertragenen Aufgaben kostenbewußt durchzuführen und der
Sozialhilfebedürftigkeit mit personal- und zeitintensiven Maßnahmen sowie
besonderem sozialpolitischen Engagement zu begegnen.
Seit 1996 sind in einigen nordrhein-westfälischen Kreisen verschiedene
Möglichkeiten der Optimierung der Aufgabenerfüllung entwickelt und
Modellvorhaben aufgrund konsensualer Vereinbarung praktiziert worden. Kernpunkte einer
veränderten Zusammenarbeit waren dabei vor allem eine unmittelbare finanzielle
Beteiligung der herangezogenen Gemeinden an den Ausgaben oder Einnahmen der Sozialhilfe
bzw. sonstige finanzielle Leistungsanreize im Rahmen von Zielvereinbarungen.
Verschiedentlich sind besondere Härteausgleichsregelungen und Steuerungmechanismen
wie etwa Controllingmaßnahmen, Kennzahlenvergleiche oder kooperative
Verständigungsverfahren zur Sicherstellung der fachlichen Einheitlichkeit und des
gleichmäßigen Gesetzesvollzugs eingeführt worden. Die Reformvorhaben
werden im einzelnen dargestellt und im Hinblick auf die Veränderungen bei der
Zusammenarbeit sowie ihre fiskalischen wie nichtfiskalischen Wirkungen untersucht.
Schließlich wird auf die kürzlich erfolgten Reformen der bundes- wie
landesrechtlichen Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis
eingegangen. Nachdem der nordrhein-westfälische Gesetzgeber zunächst die in
den Modellvorhaben gewonnenen positiven Erfahrungen aufgegriffen und konsensuale
Beteiligungsmodelle auf eine rechtliche Grundlage gestellt hatte, ist nunmehr zum 1.1.2001
eine gesetzliche Pflichtbeteiligungsquote von 50 % für den Fall eingeführt
worden, daß es zu keiner einvernehmlichen Kostenverteilungsregelung kommt. In diesem
Fall haben die Kreise durch Satzung unter bestimmten Voraussetzungen einen
Härteausgleich für strukturell erheblich benachteiligte Gemeinden festzulegen.
Nach Einführung einer Öffnungsklausel in § 96
Abs. 1 BSHG können schließlich die Landesgesetzgeber künftig
auch kreisangehörige Gemeinden zu örtlichen Trägern der Sozialhilfe
bestimmen. Die sich aus den gesetzlichen Neuregelungen ergebenden aktuellen Rechtsfragen
und Problemfelder werden untersucht. Dabei wird aufgezeigt, in welcher Weise die
gesetzlichen Reformen in der Verwaltungspraxis umgesetzt worden sind.
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen: |
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Hans-Joachim Peter