Forschungsbericht 1999-2000   
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Landkreistages Nordrhein-Westfalen an der
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Fachbereich 03 - Rechtswissenschaftliche Fakultät
Freiherr-vom-Stein-Institut, Wissenschaftliche Forschungsstelle des Landkreistages Nordrhein-Westfalen an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Kommunalrecht
 


Zusammenarbeit zwischen Kreisen und kreisangehörigen Gemeinden
beim Vollzug der Sozialhilfeaufgaben in Nordrhein-Westfalen

Der Anstieg der Sozialhilfeempfängerzahlen und der damit verbundenen Sozialhilfeausgaben stellen die kommunalen Sozialhilfeträger vor große Herausforderungen.Vielerorts sind Reformen zur Organisationsentwicklung und zur Kostensteuerung in der Sozialverwaltung eingeleitet worden. In das Blickfeld der kritischen Überprüfung und Optimierungsdiskussion ist dabei auch das seit langem praktizierte Zusammenwirken von Kreis und kreisangehörigen Gemeinden beim Vollzug der Sozialhilfeaufgaben geraten. Die interkommunale Aufgabenerfüllung ist sowohl durch verschiedene in nordrhein-westfälischen Kreisen entwickelte Modellvorhaben als auch durch Aktivitäten des Bundes- und des Landesgesetzgebers derzeit einigen Veränderungen unterworfen. Das Projekt untersucht die Rahmenbedingungen und die Praxis dieses funktionsteiligen Zusammenwirkens bei der Sozialhilfeverwaltung im kreisangehörigen Raum sowie den gegenwärtigen Reformprozeß.

Nach § 96 des Bundessozialhilfegesetzes sind die kreisfreien Städte und die Kreise örtliche Träger der Sozialhilfe. Die Kreise können die ihnen zugehörigen Städte und Gemeinden zur Durchführung der Aufgaben heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen. Von dieser Möglichkeit haben grundsätzlich alle nordrhein-westfälischen Kreise weitgehend, im Hinblick auf den konkreten Übertragungsumfang aber durchaus unterschiedlich Gebrauch gemacht. Hinsichtlich der Finanzierung bestimmte das nordrhein-westfälische Landesrecht bisher ­ abweichend von der preußischen Vorgängerregelung und von anderen Bundesländern ­ für den Fall der Aufgabendurchführung durch die Gemeinden den Kreis als Kostenträger der Zweckausgaben, die herangezogenen Gemeinden als Träger der persönlichen und sächlichen Verwaltungskosten.

Die gesetzlich vorgesehene und in Nordrhein-Westfalen in weitem Umfang praktizierte orts- und betroffenennahe Durchführung von Sozialhilfeaufgaben durch die kreisangehörigen Gemeinden erweist sich grundsätzlich als sachgerecht und verwaltungsökonomisch sinnvoll. Organisationstheoretisch birgt die bisher für den Heranziehungsfall vorgesehene Trennung von Durchführungs- und Finanzierungsverantwortung allerdings die Gefahr ineffizienten Aufgabenvollzugs in sich. Auch aus der Verwaltungspraxis wird die Trennung von Durchführungs- und Finanzierungsverantwortung vielfach als Hemmschuh für effektives und wirtschaftliches Handeln angesehen, da für die Gemeinden nicht genügend Anreiz bestehe, die übertragenen Aufgaben kostenbewußt durchzuführen und der Sozialhilfebedürftigkeit mit personal- und zeitintensiven Maßnahmen sowie besonderem sozialpolitischen Engagement zu begegnen.

Seit 1996 sind in einigen nordrhein-westfälischen Kreisen verschiedene Möglichkeiten der Optimierung der Aufgabenerfüllung entwickelt und Modellvorhaben aufgrund konsensualer Vereinbarung praktiziert worden. Kernpunkte einer veränderten Zusammenarbeit waren dabei vor allem eine unmittelbare finanzielle Beteiligung der herangezogenen Gemeinden an den Ausgaben oder Einnahmen der Sozialhilfe bzw. sonstige finanzielle Leistungsanreize im Rahmen von Zielvereinbarungen. Verschiedentlich sind besondere Härteausgleichsregelungen und Steuerungmechanismen wie etwa Controllingmaßnahmen, Kennzahlenvergleiche oder kooperative Verständigungsverfahren zur Sicherstellung der fachlichen Einheitlichkeit und des gleichmäßigen Gesetzesvollzugs eingeführt worden. Die Reformvorhaben werden im einzelnen dargestellt und im Hinblick auf die Veränderungen bei der Zusammenarbeit sowie ihre fiskalischen wie nichtfiskalischen Wirkungen untersucht.

Schließlich wird auf die kürzlich erfolgten Reformen der bundes- wie landesrechtlichen Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis eingegangen. Nachdem der nordrhein-westfälische Gesetzgeber zunächst die in den Modellvorhaben gewonnenen positiven Erfahrungen aufgegriffen und konsensuale Beteiligungsmodelle auf eine rechtliche Grundlage gestellt hatte, ist nunmehr zum 1.1.2001 eine gesetzliche Pflichtbeteiligungsquote von 50 % für den Fall eingeführt worden, daß es zu keiner einvernehmlichen Kostenverteilungsregelung kommt. In diesem Fall haben die Kreise durch Satzung unter bestimmten Voraussetzungen einen Härteausgleich für strukturell erheblich benachteiligte Gemeinden festzulegen. Nach Einführung einer Öffnungsklausel in § 96 Abs. 1 BSHG können schließlich die Landesgesetzgeber künftig auch kreisangehörige Gemeinden zu örtlichen Trägern der Sozialhilfe bestimmen. Die sich aus den gesetzlichen Neuregelungen ergebenden aktuellen Rechtsfragen und Problemfelder werden untersucht. Dabei wird aufgezeigt, in welcher Weise die gesetzlichen Reformen in der Verwaltungspraxis umgesetzt worden sind.

Beteiligte Wissenschaftler:

Ansgar Hörster, Prof. Dr. Janbernd Oebbecke (Leiter)

Veröffentlichungen:

Hörster, A.: Beteiligung der kreisangehörigen Kommunen an den Sozialhilfekosten, in: EILDIENST LKT NW 2001, S. 178 ff.

Hörster, A.: Perspektiven der kommunalen Sparkassen (Tagungsbericht), in: Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 2000, S. 1044 ff.

Hörster, A.: Steuerung durch Organisation (Tagungsbericht), in: EILDIENST LKT NW 2000, S. 318 f.

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 2001-06-25 ---- 2001-07-16