Forschungsbericht 1997-98   
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Psychologische Diagnostik und Klinische Psychologie

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[Pfeile blau] Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 08 - Psychologie und Sportwissenschaft
Psychologisches Institut I - Psychologische Diagnostik und Klinische Psychologie
Arbeitsbereich Prof. Dr. R. de Jong-Meyer
 


Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozesse bei psychischen Störungen

Spezifität emotional getönter Gedächtnisinhalte bei Depression

Untersuchungen der Arbeitsgruppe um Williams (1996) legen nahe, daß suizidale Patienten und Depressive - im Gegensatz zu Ängstlichen - emotionale autobiografische Erinnerungen weniger spezifisch wiedergeben. Zur Entwicklung dieses Phänomens nimmt Williams an, daß Patienten auf Grund von aversiven Erfahrungen in der Kindheit erlernen, die Erinnerung spezifischer autobiografischer Informationen zu vermeiden und die Gedächtnissuche bereits auf einer Ebene intermediärer kategorialer Deskriptionen abbrechen. Das Misslingen des Abrufs spezifischer Informationen führt dann zu weiteren Iterationen des Suchvorgangs mit anderen intermediären Deskriptionen und damit langfristig zur Entstehung eines hoch elaborierten Netzwerks kategorialer Deskriptionen, welches dann auch bei der Enkodierung aktueller negativer wie positiver Ereignisse wirksam wird. Ist dieses Netzwerk etabliert, bewirkt eine Gedächtnissuche die sequentielle Aktivierung bestehender intermediärer Deskriptionen und stabilisiert dadurch wiederum das Netzwerk (bei Williams als "mnemonic interlock" bezeichnetes Phänomen).

In den 1998 begonnenen eigenen Arbeiten wurden bislang Untersuchungen zu folgenden Fragestellungen durchgeführt: Gelingt eine Replikation der Spezifitätsbefunde bei sorgfältig diagnostizierten ambulanten und stationär behandelten depressiven Patienten, d. h. zeigen sie den Spezifitätseffekt bei emotional getönten versus nicht-emotionalen Hinweis-Worten und unterscheiden sie sich bezüglich der Spezifität emotionaler Erinnerungen von nicht- depressiven Kontrollpersonen und von Personen mit Angstsymptomatik? Besteht eine Interaktion zwischen Spezifität und Valenz bei dieser Gedächtnisaufgabe, d. h. unterscheiden sich die berichteten Erinnerungen auf positive versus negative emotionale Hinweis-Worte im Hinblick auf Spezifität? Tritt das Phänomen der unspezifischen Berichte von Erinnerungen unabhängig davon auf, ob es sich um eine eigene emotionale vergangene Situation handelt oder um die einer nahestehenden anderen Person (Selbst- versus Fremdreferenz)? Haben Patienten mit vermindertem Zugriff auf spezifische autobiografische Erinnerunen auch Schwierigkeiten, spezifische Zukunftsvorstellungen zu generieren, derzeit für sie bedeutsame Anliegen spezifisch zu repräsentieren und/oder Problemlösungen in spezifischer Weise anzugehen? Zeigen die untersuchten depressiven Patienten den Effekt auch nach Abklingen ihrer Symptomatik, was als Hinweis dafür gewertet würde, dass es sich um einen Vulnerabilitäts- oder Trait-Marker für Depression handeln könnte? Nach erfolgreichem Abschluss der Patienten- und Kontrollgruppenrekrutierungen für die genannten Fragestellungen stehen derzeit Auswertungen und Publikationsvorbereitungen im Mittelpunkt dieses Projekts.

Automatische versus kontrollierte Informationsverarbeitung

Eine weitere Fragestellung zu Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozessen betraf Leistungsunterschiede von Depressiven bei Aufgaben, die zu unterschiedlichen Anteilen automatische versus kontrollierte Verarbeitung erfordern. Die bei stationär behandlungsbedürftigen depressiven Patienten (N = 52) gewonnenen Ergebnisse (Höping et al., eingereicht) legen es nahe, die Entwicklung und Validierung von Aufgaben voranzutreiben, mit denen das gesamte Kontinuum kontrollierter versus automatischer Verarbeitungsprozesse messbar wird.

"Inhibition of Return" bei Zwangskranken

Pathologisches Zweifeln und andere Symptome bei Zwangserkrankungen legen Störungen mnestischer Informationsverarbeitungs-Prozesse, insbesondere Defizite bei aufmerksamkeitssteuernden inhibierenden Mechanismen nahe. Dieser Hypothese wird über das Paradigma des "inhibition of return" nachgegangen. "Inhibition of return" beschreibt das verzögerte Erkennen eines Zielreizes nach einer (mindestens 300 msec) zuvor erfolgten Darbietung eines peripheren Hinweis-Reizes. "Inhibition of return" scheint bei visuellen Suchen von besonderer Bedeutung zu sein. Ist die Aufmerksamkeit einmal auf einen Ort bzw. ein Objekt fokussiert, wird der Ort/das Objekt intern mit einem "tag" versehen und eine weitere Suche in diesem Bereich wird für gewisse Latenzzeit inhibiert. Ohne diese Inhibition würde das Suchen ständig an bereits überprüften Orten fortgesetzt. Bei Zwangskranken ließe sich nun vermuten, daß diese keine bzw. eine gegenüber einer Kontrollgruppe verringerte "Inhibition of return" aufweisen.

Bisher wurden 10 Zwangspatienten und 10 Kontrollpersonen in die Studie einbezogen.

Beteiligte Wissenschaftler:

Dipl.-Psych. T. Barnhofer, Prof. Dr. B. Eikelmann (Westfälische Kliniken für Psychiatrie, Münster), Dipl.-Psych. W. Höping, Prof. Dr. R. de Jong-Meyer (Leiterin), Prof. Dr. G.A.E. Rudolf (Klinik und Poliklinik für psychiatrie und Psychotherapie, Münster)
 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 1999-10-13