Forschungsbericht 1997-98   
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Psychologische Diagnostik und Klinische Psychologie

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Geschäftsführende Direktorin: Prof. Dr. de Jong-Meyer

 
 
 
[Pfeile blau] Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 08 - Psychologie und Sportwissenschaft
Psychologisches Institut I - Psychologische Diagnostik und Klinische Psychologie
Arbeitsbereich Prof. Dr. R. de Jong-Meyer
 


Analyse motivationaler Bedingungen von Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit

Während die Erforschung individueller motivationaler Strukturen im angelsächsischen Sprachraum seit einiger Zeit vorangetrieben wird und dort erste normierte und publizierte Verfahren ihren Weg in die klinisch- diagnostische Praxis gefunden haben, fehlten vergleichbare Instrumente im deutschen Sprachraum bisher völlig. Ausgangspunkt der eigenen Projekte war der "Motivational-Structure-Questionnaire - MSQ" (Cox, Klinger und Blount, 1996), für den eine Übersetzung für die therapeutengeleitete Anwendung (Cox, Klinger, Fuhrmann und de Jong-Meyer, 1995) und eine Adaptation für die Anwendung in einem stationären Gruppen-Setting (siehe unten) entwickelt wurde. Das Verfahren zielt auf die differenzierte Erfassung von gegenwärtig bedeutsamen Anliegen einer Person. Es gibt Aufschluss über die Verteilung von Zielen in Lebensbereichen, die jeweils bei Zielannäherung erwarteten affektiven Konsequenzen, die Ausmaße persönlicher Verpflichtung und Anstrengungsbereitschaft, die Zeitperspektive bei Zielannäherung, die Erfolgserwartung sowie andere teilweise aus den Einzelantworten abgeleitete Indikatoren der Motivationsstruktur in einem modellhaft zunächst breit erfassten Zieleraum. Mit diesem Verfahren ist sowohl ein individueller Zugang zu Klienten/Patienten wie auch ein nomothetisch ausgerichteter Vergleich zwischen den verschiedenen Messzeitpunkten und Patienten möglich.

In Kooperation mit der Westfälischen Klinik für Psychiatrie (Schroer, Fuhrmann, Reker) wurde der therapeutengeleitete Einsatz der Motivationsstrukturanalyse als Kurz-Intervention bei Alkoholabhängigen in verschiedenen Entwöhnungsstadien untersucht. Dazu wurde das Verfahren für eine Anwendung in Gruppen adaptiert (Schroer, Fuhrmann, Cox & de Jong-Meyer: Zielaktivierung und Zielklärung-ZAK: Manual zur standardisierten Durchführung in der Gruppe). Die Patienten wurden in drei Sitzungen angeleitet, sich ihre aktuellen Ziele imaginierend zu vergegenwärtigen, sie zu präzisieren, affektive Konsequenzen der Zielverfolgung zu antizipieren, den zeitlichen Rahmen einzugrenzen sowie weitere zielbezogene Schritte durchzuführen. Außer der Wirksamkeitsüberprüfung wurden unterschiedliche Selbststeuerungsziele und -defizite mit der nachfolgenden Behandlungsaktivität, dem Trinkverhalten und dem subjektiven Wohlbefinden der Patienten in Beziehung gesetzt. Als Vergleichsgruppenbedingung wurde das Gruppentraining sozialer Kompetenz durchgeführt. Die bisher ausgewerteten Daten von über 120 Patienten belegten eine vergleichbare Effektivität über die Gesamtgruppe der Patienten. Innerhalb der Subpopulation mit schlechterer Prognose erwies sich die Zielaktivierung und Zielklärung als signifikant überlegen. Derzeit wird das vorliegende Manual ergänzt um Module zur Zielpriorisierung und zur Förderung der Zielerreichung. Eine Überprüfung seiner Effektivität bei Patienten mit einem weiteren Diagnosespektrum ist geplant.

Die seit 1995 bestehenden Kontakte mit Prof. Cox (Bangor, Wales, Großbritannien) wurden seit 1998 durch eine Drittmittelförderung aus dem "Programm zur Förderung des projektbezogenen Personenaustauschs mit Großbritannien" (Deutscher Akademischer Austauschdienst DAAD sowie British Council) unterstützt. Als gemeinsame Ziele der Kooperation wurden die Weiterentwicklungen und Adaptationen der Motivationsstrukturanalyse und darauf aufbauende Interventionen vereinbart. Zwei der fünf geförderten jeweils einwöchigen Auslandsaufenthalte haben stattgefunden (November 1998 in Münster, Februar 1999 in Bangor). Dabei konnten die Indikatoren aus MSQ und ZAK reduziert und präzisiert werden. Layout und Benutzerfreundlichkeit wurden verbessert. Eine computerisierbare Rückmeldung der Ergebnisse wurde vereinbart. Sowohl in Deutschland wie in Großbritannien wurde begonnen, das Verfahren in die stationäre bzw. ambulante Routineversorgung zu implementieren. Eine in der eigenen Arbeitsgruppe entwickelte Bibliotherapie- Adaptation (de Jong-Meyer, Bruns & Delfs, 1994) soll nach Übersetzung auch im angelsächsischen Sprachraum erprobt werden. Schließlich führten gemeinsame Interessen an einer mehr grundlagenwissenschaftlichen Analyse von Motivationsprozessen bei Abhängigen zur Vorbereitung eines Drittmittel-Antrags auf EU-Ebene.

Drittmittelgeber:

British German Academic Research Collaboration-ARC (01.07.98 - 30.06.2000)

Beteiligte Wissenschaftler:

M. Cox, Ph.D. (Bangor, Wales, Großbritannien), Dipl.-Psych. A. Fuhrmann (Westfälische Kliniken für Psychiatrie, Münster), Prof. Dr. R. de Jong-Meyer (Leiterin), Dipl.-Psych. B. Schroer (Westfälische Kliniken für Psychiatrie, Münster), PD Dr. T. Reker (Westfälische Kliniken für Psychiatrie, Münster)

Veröffentlichungen:

Schroer, B., A. Fuhrmann, R. de Jong-Meyer: Zielaktivierung und Zielklärung (ZAK), Münster, 1999

Fuhrmann, A., B. Schroer, R. de Jong-Meyer: Motivationsbehandlung und differentielle Therapieindikation, in: Sucht, 1998, 44, S. 348f

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 1999-10-13