Forschungsbericht 1997-98   
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und operative Intensivmedizin

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Direktor: Prof. Dr. med. H. Van Aken

 
 
 
[Pfeile blau] Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin
Mediatoren/Immungenetische Prädisposition bei SIRS und Sepsis, PD Dr. E. Berendes (Leiter), Dr. B. Driller, C. Raufhake
 


Pathophysiologie der natriuretischen Peptide

Bislang sind drei natriuretische Peptide im menschlichem Blutplasma beschrieben worden. Das "atrial natriuretic peptide" (ANP), das "brain natiuretic peptide" (BNP) und das "C-type natriuretic peptide" (CNP). ANP und BNP sind kardiale Hormone mit natriuretischen, vasodilatatorischen und Aldosteron-inhibierenden Eigenschaften. Beide Hormone werden vermehrt sezerniert bei Krankheiten, die zu einem erhöhten Herzzeitvolumen oder einer zunehmenden intravasalen Druckbelastung führen. ANP und BNP spielen eine wichtige Rolle bei der Natrium- und Blutdruckhomöostase. Der Bildungsort und die physiologischen Eigenschaften des CNP hingegen sind bislang unbekannt. ANP Hauptbildungsort des ANP sind die myoendokrinen Zellen des Herzmuskels, die sich im rechten und linken Vorhof befinden. Eine quantitativ geringere Sekretion erfolgt auch aus endokrinen Zellen beider Herzkammern. ANP wird in Form des Pro-ANP in den kardialen Zellen des Vorhofes in membrangebundenen Vesikeln gespeichert, die auf einen spezifischen Reiz hin zur Zelloberfläche wandern, in a-ANP (99 - 126) und N-terminales Peptid (ANP 1 - 98) gespalten werden und in äquimolaren Mengen in das koronarvenöse Blut gelangen. Nachgewiesene Reize für die ANP-Sekretion sind die Erhöhung des transmuralen Druckes und eine Zunahme der Herzfrequenz. Man geht davon aus, daß jede Erhöhung des Vorhofdruckes um 1 mmHg zu einem Anstieg des ANP-Plasmaspiegels von 10 - 14 pmol-1 führt. Der genaue Übertragungsmechanismus, der die ANP-Sekretion nach Druckerhöhung in den Vorhöfen bewirkt ist jedoch noch unbekannt. Tierversuche zeigten einen Anstieg der ANP-Sekretion bei gleichzeitig erhöhtem intravaskulärem Volumen und erhöhten Vorhofdrücken. Neben dieser kardialen Sekretion, konnte auch eine Sekretion von ANP aus unterschiedlichen Regionen des zentralen Nervensystems nachgewiesen werden. Eine Neurosekretion findet vornehmlich im Bereich des basalen medialen Hypothalamus, des Hirnstamms und zirkumventrikulärer Strukturen statt, so daß eine zentrale Regulation der ANP-Sekretion mit in Erwägung gezogen werden muß. Eine vermehrte ANP-Sekretion führt zu einer Abnahme der Renin- und Aldosteronkonzentrationen im Blut, wobei partiell auch die zentralen Wirkungen des Angiotensin II, wie vermehrte ADH-Sekretion, gesteigertes Durstgefühl und Blutdruckanstieg, gehemmt werden. BNP BNP wurde erstmalig 1988 im Schweinehirn als zweites natriuretisches Peptid entdeckt. Heute wird jedoch aufgrund verschiedener Untersuchungen postuliert, daß BNP haupsächlich im Ventrikel, aber auch im Atrium synthetisiert wird. Aufgrund zahlreicher in-vitro Studien mit Herzvorhof- und Herzventrikelgewebe wurde offensichtlich, daß der Ventrikel mit 60 - 80% die Hauptquelle der kardialen BNP-Sekretion ausmacht. Einige Granula des Herzvorhofgewebes enthalten sowohl ANP als auch BNP. Trotz großer Homologie des BNP zum ANP und ähnlicher Struktur des reifen Peptids, weisen eine unterschiedliche Genexpression, die unterschiedlichen Sekretionsorte und der unterschiedliche Metabolismus auf eine separate Rolle des BNP bei der Aufrechterhaltung der kardiovaskulären Homöostase hin. Im Gegensatz zu ANP wird BNP nicht gespeichert, sondern direkt nach seiner Bildung sekretiert. Der auslösende physiologische Reiz für seine Sekretion ist die erhöhte Wandspannung des Ventrikels; die Antwort erfolgt spontan innerhalb der dem Reiz folgenden zwei Minuten. Die biologische Wirkung des BNP gleicht der von ANP. Erhöhte Werte findet man bei Herzversagen, wobei eine bis zu 100-fache Erhöhung möglich ist, bei akutem Myokardinfarkt, supraventrikulärer Tachykardie chronischem Nierenversagen, sowie bei Bluthochdruck, ventrikulärer Volumenüberlastung und hypertrophischer Kardiomyopathie. Bei letztgenannter Störung scheint die BNP Sekretion in Relation zur ANP-Sekretion sehr viel stärker erhöht zu sein (BNP/ANP >2:1), auch bei nicht erhöhtem intraventrikulärem Druck und nicht bestehender Volumenüberlastung. Zudem findet man erhöhte BNP-Plasmakonzentrationen bei Zirrhose mit Aszitis, ernährungsbedingt bei erhöhter Natriumzufuhr und bei älteren Leuten. Bei einer Mitralstenose, als Antwort auf sportliche Übungen sowie bei intravenöser Salzzufuhr, sind die BNP-Plasmakonzentrationen weniger stark erhöht als die ANP-Werte. Zerebrales Salzverlustsyndrom Drei Hypothesen wurden in den letzten Jahrzehnten entwickelt, um Hyponatriämien bei akuten Hirnerkrankungen zu erklären. Erstens das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH), das eine Dilutionshyponatriämie verursacht; zweitens eine Abnahme des extrazellulären Natriums und eine Zunahme des intrazellulären Kaliums bedingt durch eine Hemmung der Na+/K+-ATPase; und drittens das sogenannte zerebrale Salz-Verlustsyndrom, charakterisiert durch eine gesteigerte Natriurese und Diurese, die zu einer negativen Natriumbilanz führen. Als Ursache des zerebralen Salz-Verlustsyndroms wurde eine zerebrale Dysfunktion hinsichtlich der Steuerung der renalen Natriumreabsorption angenommen. Jedoch konnte der postulierte hirneigene natriuretische Faktor bislang nicht identifiziert werden. Mit der Entdeckung des ADH wurde das ursprüngliche Konzept des zerebralen Salz-Verlustsyndroms zugunsten des SIADH verlassen, obwohl das SIADH keine ausreichende Erklärung für den massiven Salzverlust, insbesondere bei Patienten mit aneurysmabedingter Subarachnoidalblutung darstellt.

Beteiligte Wissenschaftler:

Priv.-Doz. Dr. med. Elmar Berendes, Dr. med. Carsten Raufhake, Univ.-Prof. Dr. med. Hugo Van Aken, Dr. med. Bardo Driller

Veröffentlichungen:

Berendes, E., R. Scherer, G. Schuricht, R. Rol, K. Hengst: Massive Natriurese und Polyurie nach dreimaliger kraniozervikaler Subarachnoidalblutung: Cerebral-Salt-Wasting-Syndrome?, AINS 1992; 27: 445-448.

Berendes, E., M. Walter, P. Cullen, T. Prien, J. Horshemke, M. Schulte, K. von Wild, R. Scherer: Secretion of brain natriuretic peptide in patients with aneurysmal subarachnoid hemorrhage. Lancet 1997; 349: 245-249.

Walter, M., A. Claviez, E. Berendes, M. Suttorp: Inappropriate secretion of natriuretic peptides in an infant with cerebral tumour, JAMA, in Druck.

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 1999-11-29