Forschungsbericht 1997-98 | |
Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen
Am Stadtgraben 9 48143 Münster Tel. (0251) 83-2 29 71 Fax: (0251) 83-2 29 70 e-mail: 17wimi@wiwi.uni-muenster.de WWW: http://www.wiwi.uni-muenster.de/~17/index.htm Direktor: Prof. Dr. Ulrich van Suntum | |
Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 04 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen Wohnungswirtschaft, Wohnungsbaufinanzierung, Wohnungspolitik | ||||
Vermögenspolitik in der Sozialen Marktwirtschaft - Ziele und Wirkungsmöglichkeiten
Anlaß des Forschungsvorhabens sind die neuerlichen Bestrebungen, die
vermögenspolitische Gesetzgebung in der Bundesrepublik zu reformieren: Im
Vordergrund entsprechender Anregungen steht - nach der 1996 erfolgten Umstellung der
Wohneigentumsförderung von einer progressionsabhängigen Förderung im
Rahmen einkommensteuerlicher Vergünstigungen auf steuersatzunabhängige
Zulagenförderung - nunmehr eine Umgestaltung der Förderung im Bereich der
Geldvermögensbildung: Die aktuelle politische Diskussion zielt insbesondere auf die
verstärkte Förderung sogenannten Produktiv- bzw. Risikokapitals und der
langfristigen Vermögensbildung zur privaten Altersvorsorge.
Dem vermögenspolitischen Entscheidungsfindungsprozeß mangelt es
jedoch an
einer verläßlichen empirischen Grundlage bezüglich der voraussichtlichen
Wirkungen vermögenspolitischer Fördermaßnahmen: Nach wie vor gibt es
nur wenige Anhaltspunkte dafür, ob staatliche Maßnahmen mit dem Ziel einer
höheren Vermögensbildung in breiten Bevölkerungsschichten die
Sparneigung der Privaten tatsächlich nennenswert beeinflussen können. Konzediert
werden zwar Vermögensstruktureffekte vermögenspolitischer Maßnahmen;
immer wieder wird dagegen bezweifelt, ob die staatliche Sparförderung in der Lage ist,
die Sparquote der geförderten Haushalte nachhaltig zu erhöhen. Weitgehende
Unklarheit besteht darüber hinaus über die Wirkungen vermögenspolitischer
Fördermaßnahmen auf die gesamtwirtschaftliche Sparquote und Sparstruktur, die
aus wachstumspolitischer Sicht von besonderem Interesse sind.
Wesentliche förderrelevante Haushaltsmerkmale sind u. a. die
Haushaltsgröße, das Haushaltsbruttoeinkommen, das zu versteuernde Einkommen
des Haushalts, seine Grenzeinkommensteuerbelastung und seine nach dem
Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen verbleibenden einkommensteuerlichen
Sonderabzugsmöglichkeiten. Die Komplexität der Berechnung von
Förderansprüchen läßt eine ausschließliche Wirkungsanalyse auf
hoch aggregierter Ebene nicht opportun erscheinen. Daher erscheint eine Analyse auf
niedrigem Aggregationsniveau für bestimmte Haushaltstypen ratsam. Entsprechendes
Datenmaterial, das einerseits die Ermittlung der förderrelevanten Haushaltskriterien
erlaubt und das andererseits auch das Sparverhalten der Haushalte ausreichend detailliert
beschreibt, wird seit langem vom Statistischen Bundesamt im Rahmen der
Wirtschaftsrechnungen privater Haushalte erhoben. Ein Hauptelement der vorliegenden Arbeit
bildet eine regressionsanalytische Auswertung dieses Datenmaterials bezüglich der
Effekte vermögenspolitischer Fördermaßnahmen auf die Höhe und
Struktur der Vermögensbildung dieser vom Statistischen Bundesamt beobachteten
Haushaltstypen.
Die Implikationen der in den Regressionsanalysen ermittelten
Zusammenhänge zwischen
Förderung und Sparverhalten für die Vermögensverteilung und die
gesamtwirtschaftliche Ersparnis wurden anschließend im Rahmen eines empirisch
fundierten neoklassischen Wachstumsmodells dargestellt. In diesem einfachen, jedoch
über die traditionellen Zwei-Klassen-Modelle der Verteilungstheorie hinausgehenden
Rahmen konnte in verschiedenen Szenarien gezeigt werden, daß - bei Beschränkung
aller vermögenspolitischen Fördermaßnahmen auf einen Kreis von
Anspruchsberechtigten, wie er im gerade verabschiedeten dritten
Vermögensbeteiligungsgesetz vorgesehen ist - selbst unter großzügigen
Annahmen für die Wirkungsweise der Förderung kaum mit einem positiven Effekt
auf die Nettogeldvermögensbildung der geförderten Haushalte zu rechnen ist. Um
so nachhaltiger sind die Effekte für die Wohneigentumsbildung, die mit hoher
Wahrscheinlichkeit auch von der Förderung der Geldvermögensbildung profitiert.
Die Erreichbarkeit vermögenspolitischer Ziele, die auf eine verstärkte
Geldvermögensbildung der geförderten Haushalte abstellen, ist mit Verweis auf
die empirische Evidenz grundsätzlich in Frage zu stellen. Dies betrifft zum einen das Ziel
einer breiteren Streuung des Geldvermögens, das durch die Förderung der
Geldvermögensbildung vermutlich nicht erreicht werden kann. Zum anderen sind auch die
Erfolgsaussichten einer meritorisch motivierten staatlichen Beeinflussung der
Vermögensbildung und vermögensstrukturpolitischer Konzepte, die die
Beeinflussung der individuellen Vermögensbildung als Ansatzpunkt zur Korrektur von
Marktversagen auf den Kapitalmärkten ansehen, als gering einzuschätzen. Das
Ergebnis der empirischen Analyse legt die Empfehlung für einen Verzicht auf
vermögenspolitische Lenkungsmaßnahmen nahe: Die Vermögenspolitik
eignet sich am ehesten zur Verfolgung distributiver Ziele, die sie dann am wahrscheinlichsten
erreichen wird, wenn sie den geförderten Individuen weitgehende Freiheit in der Wahl
der Anlageform gestattet.
Beteiligter Wissenschaftler: |
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Hans-Joachim Peter