'Alternative facts' – Wie das Gehirn stabile und flexible Vorhersagen anhand wahrer und modifizierter Erinnerungen tatsächlicher Erlebnisse gewährleistet.
Ansprechpartnerin: Sophie Siestrup
Ansprechpartner: Benjamin Jainta
Das Ziel dieses Projektes ist die neurophysiologische Unterscheidung sequentieller und nicht-sequentieller Erwartungen, welche durch einen gezielten Abruf von Episoden herbeigeführt werden.
Die Grundlage für Vorhersagen sind Erinnerungen. Unter diesem Gesichtspunkt sind Erinnerungen nicht autotelisch, sondern dienen der Antizipation zukünftiger Ereignisse und dem Planen von Handlungen. Diese Optimierung hat zur Folge, dass Erinnerungen modifiziert werden, wenn sich die Umstände tatsächlich verändert haben. In unserem Projekt triggern wir den Abruf episodischer Erinnerungen, die sequentielle (basierend auf der episodischen Gedächtnisspur) oder nicht-sequentielle Erwartungen (basierend auf semantischen Informationen) erzeugen. Im ersten Schritt werden Probanden gefilmt, während sie Alltagshandlungen entweder selbst ausführen oder nur beobachten. In der Folge führen wir drei Experimente durch, um mit Hilfe funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) die zerebralen Grundlagen episodischer Erwartungen, Erwartungsverletzungen („surprisal“), und die Re-Konsolidierung episodischer Erinnerungen während der Präsentation dieser Handlungsvideos zu untersuchen. Wir verwenden eine Reihe neuer experimenteller Faktoren, die die mnemonische Stabilität von Episoden (Abrufhäufigkeit, Verfestigung) und die Erlebnisqualität (Perspektive, eigene Handlungsausführung) betreffen, um ihren Einfluss auf sequentielle und nicht-sequentielle Überraschung zu testen. Unser Ansatz ist motiviert durch die Frage, unter welchen Bedingungen Erinnerungen einer tatsächlich erlebten Episode mehr oder weniger anfällig für spätere Modifikationen ihrer raumzeitlichen Struktur oder ihres semantischen Inhalts werden. Zudem vergleichen wir systematisch die Bedingungen, unter denen Erinnerungsmodifikationen durch Wiederverfestigung auftreten, und zwar separat für die sequentielle Episodenstruktur und ihren semantischen Inhalt. Behaviorale Analysen werden mit fMRT-Kontrasten, Representation Similarity Analysen (RSA) und graphentheoretischen Analysen kombiniert, um spezifisch die Rolle des Hippocampus und ausgewählter kortikaler Regionen in stabilen und flexiblen episodischen Erinnerungen zu bestimmen.
Dieses Projekt wird gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (SCHU1439-10-1)