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No-Arbitrage-Prinzip

Die Überlegungen des vorherigen Abschnitts basieren auf der Annahme, daß die beteiligten Parteien keine weiteren Handelsaktionen mit dem Underlying ausführen. Dies ist etwa der Fall wenn das Underlying gar nicht handelbar ist. Unter der Annahme jedoch, daß das Underlying auch bereits zur Zeit $t_0$ gehandelt werden kann hat der Schreiber des Forwards (d.h., der Halter der Short-Position) eine andere Möglichkeit: Er kann seine Position absichern (hedgen). In diesem Falle kauft er das Underlying bereits zum Zeitpunkt $t_0$ zum Preis $x_0$. Ihm entgeht dabei ein Zinsgewinn von $x_0(1-e^{r(t_N-t_0)}$ (cost of carry). Als fairer Preis ergibt sich daher

\begin{displaymath}
F = x_0 e^{r(t_N-t_0)}
.
\end{displaymath} (3)

Ein höherer Forwardpreis $F$, beispielsweise, würde ihm eine risikolose Verdienstmöglichkeit (Arbitrage) ermöglichen. Ähnlich liesse sich aus einem zu niedrigem Forwardpreis ein risikoloser Gewinn machen, falls die Möglichkeit des Leerverkaufens (Shorten) des Underlyings existiert.

Analog läßt sich beispielsweise eine Short-Position auf den Kauf einer Kuh absichern durch den Kauf einer Kuh. Ein marktgerechter Forwardpreis wäre in diesem Fall der Erwartungswert der folgenden Summe: Preis einer Kuh +Kosten für Futter und Stall -Ertrag für Milch +Zinsen für die dafür nötigen Geldmittel.

Ein Halter der Short-Position der sich in dieser Weise abgesichert hat trägt bei solch einem marktgerechten Preis kein Risiko. (Er macht dann allerdings auch keinen Gewinn. Weiterhin nimmt er dann auch nicht an einer etwaigen für ihn positiven Kursentwicklung teil.)

Der Halter der Long-Position behält dagegen das Risiko (Es sei denn er hat das Underlying vorher leerverkauft, d.h. ``geshorted''). Der Verlust/Gewinn des Halters der Long-Position wird dann indirekt durch Dritte am Markt kompensiert. Also zum Beispiel von demjenigen Dritten der zur Zeit $t_0$ das Underlying an den Halter der Short-Position verkauft hat. Man bemerke allerdings, daß sich unter diesen idealisierten Bedingungen der Terminkontrakt für beide Seiten nicht lohnt. Der Halter der Long-Position könnte beispielsweise zu dem gleichen Preis selbst das Underlying direkt zur Zeit $t_0$ kaufen und die notwendigen Zinsen direkt übernehmen anstatt sie über den Terminkontrakt zu bezahlen. In der Praxis sind aber zum Beispiel die Haltungskosten (cost of carry) individuell verschieden. (Ein Farmer kann eine zusätzliche Kuh leichter unterbringen als ein Banker. Die gewährten Zinsraten sind individuell unterschiedlich.) In diesem Sinne, braucht ein Terminkontrakt kein Nullsummenspiel zu sein. Dies wahren Motivationen für Terminkontrakte sind in der idealisierten Theorie nicht enthalten. Diese kann also nur Anhaltspunkt sein zur Bestimmung der Terminpreise die sich am Markt tatsächlich ergeben.

Im allgemeinen sind die Preise, die sich aus dem No-Arbitrage- und dem Erwartungswertprinzip ergeben, verschieden. Auch wenn der Erwartungswert $<x_N>$ in der Regel nicht mit dem No-Arbitrage-Preis $x_0e^{r(t_N-t_0)}$ zusammenfällt, so sind sie jedoch nicht völlig entkoppelt. Ist mit dem Underlying mit geringem Risiko ein sehr viel größerer Gewinn zu machen (d.h. $<x_N>-x_0$ groß, $<x_N^2>$ klein) wird es auch für den Halter der Short-Position interessant das geliehene Kapital selbst in das Underlying zu investieren (anstatt zum Hedgen des Terminkontraktes und den Gewinn somit zum Fälligkeitstermin an den Halter der Long-Position abzutreten) und auf einen Kursgewinn zu setzen. (Subtrahiert man von den erwarteten Gewinn einer riskanten Anlageform den möglichen Gewinn einer risikolosen Anlage so findet man den Risikoaufschlag. Dieser sollte einigermaßen homogenen sein für verschiedene Anlageformen. In diesem Sinne also sind Zinsniveau $r$ und Erwartungswert $<x_N>$ durchaus gekoppelt.)


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Joerg_Lemm 2000-02-01