Seit den 1990er Jahren zählt der Begriff des „Erinnerungsorts“ zu den prägenden Konzepten geschichtswissenschaftlicher Forschung. Dabei ist der Begriff bewusst metaphorisch gefasst: Erinnerungsorte sind nicht allein geographisch fixierte Plätze, sondern können ebenso immaterieller Natur sein – etwa Ereignisse, Persönlichkeiten, Institutionen, Begriffe oder kulturelle Werke. Als verdichtete Symbole kollektiver Erinnerung sind sie über Generationen hinweg in gesellschaftliche, kulturelle und politische Kontexte eingebunden.

Die Übung setzt sich zum Ziel, das Konzept des Erinnerungsorts kritisch zu reflektieren und auf seine heuristische Tragfähigkeit hin zu überprüfen. Dabei wird ein besonderer Fokus auf die deutsch-polnische Beziehungsgeschichte gelegt – von der mittelalterlichen Nachbarschaft über die polnischen Teilungen bis hin zu den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts.

Die gemeinsame Geschichte Deutschlands und Polens ist durch Nähe, Austausch und Konflikt geprägt – nicht selten sind ihre materiellen Zeugnisse dieselben, während ihre erinnerungskulturelle Deutung stark divergiert. Anhand ausgewählter Fallbeispiele sollen in der Übung nicht nur Erinnerungsorte identifiziert und diskutiert werden, sondern auch unterschiedliche nationale Narrative sichtbar gemacht werden.

Das Seminar findet in Kooperation mit dem Westpreußischen Landesmuseum in Warendorf statt. In diesem Rahmen ist ein Besuch des Museums vorgesehen. Darüber hinaus wird ein Einblick in museale Formen der Geschichtsvermittlung und in die praktische Arbeit mit Erinnerungsorten gegeben – insbesondere im Hinblick auf Fragen der Ausstellungskonzeption, Sammlungspolitik und Geschichtskultur.

Neben der thematischen Arbeit wird besonderer Wert auf die Einübung grundlegender wissenschaftlicher Kompetenzen gelegt: Dazu gehören das strukturierte Lesen geschichtswissenschaftlicher Texte, ihre kritische Analyse sowie der sichere Umgang mit Konzepten der Erinnerungsforschung.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2025/26
ePortfolio: Nein