Das Seminar befasst sich mit den ersten ähnlichen Porträts der Nachantike überhaupt. Ab wann wurden eigentlich lebensnahe, wiedererkennbare Darstellungen einer bestimmten Person ausgeführt? Zu welchem Zweck wurden sie erschaffen? Die frühe, mittelalterliche Geschichte der Gattung Porträt ist weitaus spannender und vielschichtiger als man es überhaupt vermuten könnte. Zunächst werden wir fragen müssen, was ein Porträt überhaupt ist. Wie ist das Porträt definiert? Unter den diversen Möglichkeiten einer Definition richtet das Hauptseminar sein Augenmerk auf das Porträt als physiognomisch ähnliche, wiedererkennbare Darstellung. Damit befasst sich das Seminar mit dem Moment, als sich nach einer etwa 800-jährigen Zeitspanne, in der ähnliche Bilder eines Menschen nicht erschaffen wurden, ein gesellschaftliches Interesse für das menschliche Äußere eines Individuums ausbildete, das zur Ausführung naturalistischer, lebensnaher Bilder einer Einzelperson führte. Anders ausgedrückt, nachdem nach der Spätantike im Okzident keine Bilder von Individuen erschaffen wurden, die letzteren physiognomisch ähnlich waren, beginnt man um 1250 naturnahe Darstellungen des menschlichen Gesichts einzelner Personen auszuführen. Das Seminar untersucht die konzeptuellen, im gesellschaftlichen Menschenbild verankerten Gründe für diesen bahnbrechenden figuralen Wandel und befasst sich mit den unterschiedlichen Formen, Materialien und Techniken, in denen diese frühen Porträts ausgeführt wurden. Dabei wird sich das Seminar auf die Zeit vor Van Eyck, Rogier van der Weyden und dem Meister von Flémalle konzentrieren, die sonst gemeinhin zu Unrecht an den Anfang der Porträtgattung situiert werden, um schließlich mit einigen Werken dieser letzteren Künstler zu enden.

Als Vorbereitung für das Seminar wird insbesondere die Lektüre von a)Belting, Castelnuovo, a)Olariu und Schlosser (s. Auswahlbibliografie) empfohlen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2025/26
ePortfolio: No