Sir Peter Frederick Strawson (1919–2006) ist einer der einflussreichsten Vertreter der so genannten ordinary lanuge philosophy. Seine Werke haben in verschiedenen Disziplinen der Philosophie ein großes Echo hervorgerufen und wichtige, bis heute nachwirkende Debatten angestoßen. Der Großteil seines Werks ist dabei Themen der theoretischen Philosophie gewidmet: der Wahrheitstheorie, der Logik, der Sprachphilosophie, der Erkenntnistheorie und der Metaphysik. Seine Konzeption einer deskriptiven Metaphysik, die er im Ausgang von unserer alltäglichen Umgangssprache formuliert, hat dabei ein ganz neues Licht auf klassische Konzeptionen der Metaphysik geworfen.

Strawson Werk zur praktischen Philosophie ist schmal – es umfasst gerade einmal zwei Aufsätze –, aber nicht minder bedeutsam als seine Beiträge zur theoretischen Philosophie. In Social morality and individual ideal von 1961 konzipiert er eine Unterscheidung von Ethik und Moral und formuliert allgemeine Kriterien zum Umfang sowie zur sozialen Verankerung der Wirksamkeit von Moralität. In seinem – noch einflussreicheren – Aufsatz Freedom and resentment schlägt er ein Jahr später eine Reinterpretation der Semantik der Moralsprache vor und formuliert darauf aufbauend eine neue Theorie moralischer Verantwortung. Diese beiden, inhaltlich eng aufeinander bezogenen Aufsätze sind der primäre Gegenstand dieses Seminars.

Ich möchte im Seminar den Versuch unternehmen, diese beiden wichtigen Texte in ihrer systematischen Relevanz aus ihrem historischen Kontext heraus zu verstehen. Die ordinary language philosophy war damals bei weitem noch nicht so ausdifferenziert entwickelt wie heute. Unter „Strawsons Quellen“ habe ich unten die in den beiden Aufsätzen zitierten Quellen vollständig aufgelistet. Damals konnte man noch Aufsätze mit zwei bis drei Quellenangaben publizieren – was das Verständnis der bei den mitgeteilten Überlegungen vorausgesetzten Annahmen nicht immer erleichterte. Ausgehend vom Studium dieses Quellenmaterials werden wir im Seminar Strawsons Originaltexte eingehend lesen, diskutieren und auf ihre aktuelle Relevanz und systematische Überzeugungskraft hin befragen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2025/26
ePortfolio: No