Auf der einen Seite heißt es in der öffentlichen Debatte häufig, „die Digitalisierung“ mache menschliche Arbeit zunehmend überflüssig. Auf der anderen Seite entstehen neue, oft prekäre Beschäftigungsformen, etwa im Rahmen digitaler Dienstleistungen von Amazon bis Lieferando: selbständige Fahrrad- und Autokuriere prägen das Bild vieler Großstädte, während abseits der Metropolen seltene Erden und andere Rohstoffe unter schlechtesten Bedingungen gefördert werden – als physische Grundlage jener digitalen Infrastrukturen, auf denen „Cloud- und Crowdwork“, „Plattformökonomie“ und das „Internet der Dinge“ beruhen. Automatisierte Logistik und „intelligente“ Fertigungssysteme sorgen bereits für eine effizientere Industrie. „Die Digitalisierung“ schreitet also sichtbar voran und verzeichnet einiges an Fortschritt. Stellt sich nur die Frage: Fortschritt worin – und für wen?
Dieses Seminar geht genau dieser Frage nach. Statt Digitalisierung als notwendige Reaktion auf unhinterfragte Sachzwänge zu begreifen, fragen wir nach den gesellschaftlichen Kräften, die Digitalisierungsprozesse durchsetzen und gestalten. Welche Interessen treiben die digitale Transformation an? Wer profitiert von ihr – und wer zahlt den Preis? Ausgehend von der These, dass nicht die Technik selbst, sondern deren gesellschaftliche Anwendung und Einbettung entscheidend ist, untersuchen wir anhand von aktuellen soziologischen Theorien, inwiefern Digitalisierung als Erfolgsmittel in der Konkurrenz von Unternehmen und Standorten fungiert. Ziel des Seminars ist somit, ein Verständnis der politischen Ökonomie digitaler Transformation zu entwickeln.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2025/26
ePortfolio: No