Der Begriff der Neurodiversität bezeichnet die Tatsache, dass die neuronale Ausstattung des Menschen natürliche Variationen aufweist. Das betrifft nicht nur die Nervenverbindungen des Gehirns, sondern die des gesamten Körpers, woraus eine Vielfalt der Wahrnehmungs-, Empfindungs- und Denkweisen resultiert. Menschen, die sich in ihrer Selbstwahrnehmung als von einer Norm abweichend erfahren, kann man unter dieser Prämisse als neurodivergent bezeichnen. Das gilt auch für autistische Kinder und Jugendliche, die einen Anteil von ca. 1–1,5% ihrer jeweiligen Alterskohorten bilden. Obwohl viele von ihnen Regelschulen besuchen und der Umgang mit autistischen Lernenden daher häufig zum Tagesgeschäft von Geschichtslehrkräften gehört, ist bisher noch nicht viel zu den spezifischen und hochgradig individuellen Potenzialen und Bedürfnissen autistischer Lernender im Geschichtsunterricht bekannt.
In der Übung sollen daher Befunde aus den Bildungswissenschaften und überfachliche methodische Überlegungen zur Unterrichtsgestaltung für autistische Lernende auf die Spezifika des (inklusiven) Geschichtsunterrichts bezogen werden. Im Sinne des Neurodiversitätsparadigmas wird es in diesem Zusammenhang nicht darum gehen, Autismus als eine abzubauende Beeinträchtigung des historischen Denkvermögens zu betrachten, sondern das historische Denken autistischer Schüler*innen vielmehr als eigen-sinnige Perspektive auf die Welt und auf das Historische ernst zu nehmen, die mit spezifischen und hochgradig individuellen Potenzialen und Herausforderungen einhergeht.
- Lehrende/r: Manuel Köster