Leibeigenschaft im Zarenreich des 19. Jahrhunderts. Forschendes Lernen WiSe 2025/26, Ricarda Vulpius
Was bedeutete es, im Zarenreich leibeigen zu sein? Welche Handlungsspielräume, welche Zwänge und Vorstellungen prägten das Leben der Leibeigenen? Und wie lassen sich diese historisch fassen – jenseits administrativer und juristischer Quellen? Im Rahmen dieses Seminars begeben wir uns auf eine forschende Spurensuche nach den Erfahrungen, Alltagspraktiken und Wahrnehmungen von Leibeigenen im Russländischen Reich im 18. und 19. Jahrhundert.
Das Seminar folgt dem Konzept des Forschenden Lernens: In einer ersten, einführenden Phase erarbeiten wir gemeinsam die historischen Grundlagen der Leibeigenschaft sowie theoretische Zugänge zu Herrschaft, Abhängigkeit und Untertanenschaft, auch im Vergleich zu Sklaverei. Anschließend widmen sich die Teilnehmenden individuell und in Gruppenarbeit einem selbst gewählten Forschungsprojekt. Im Mittelpunkt stehen dabei Ego-Dokumente – Briefe, Bittschriften, Tagebücher, gerichtliche Zeugenaussagen oder auch literarische Texte – in denen Leibeigene selbst zu Wort kommen oder ihre Perspektiven zumindest ansatzweise greifbar werden.
In der Forschungsphase analysieren die Studierenden diese Quellen selbstständig, entwickeln Fragestellungen und interpretieren die Texte im historischen Kontext. Unterstützt werden sie durch gemeinsame Werkstattgespräche und individuelles Feedback. In der abschließenden Präsentationsphase stellen die Teilnehmenden ihre Ergebnisse zur Diskussion und reflektieren sowohl methodische Herausforderungen als auch theoretische Erkenntnisse.
Das Seminar bietet die Möglichkeit, selbst historische Forschung zu betreiben – mit dem Ziel, nicht nur Wissen über Leibeigenschaft und Autobiographik zu erwerben, sondern den gesamten Forschungsprozesses im Seminar zu durchlaufen. Russischkenntnisse sind hilfreich, aber nicht zwingend erforderlich. Die meisten Quellen liegen in Übersetzung vor.
- Lehrende/r: Karla Fuhrmann
- Lehrende/r: Ricarda Vulpius