Wir wollen uns in diesem Seminar mit dem Werk des Hochschullehrers, Essayisten und Kulturphilosophen José Ortega y Gassets beschäftigen. Die heutige Rezeption beschreibt Ortega als einen „Meister in der Kunst der Beschreibung kultureller, geistiger und gesellschaftlicher Erscheinungen“ (Gil 2018). Hervorgehoben wird dabei einerseits die thematische Vielfalt seines Werkes, das sich erstreckt von Alltags- und ästhetischen Themenstellungen („Zur Geschichte der Liebe“, „Über den Blickpunkt der Kunst“) bis hin zu Wissenschaftsgeschichte und pädagogischen Fragen („Die Aufgabe der Universität“, „Der Mythos ist das Hormon der Psyche“). Andererseits wird herausgestellt, dass die phänomenologischen Darstellungen und Beschreibungen unterschiedlicher Zeiterscheinungen bei Ortega einen hohen kulturdiagnostischen und gesellschaftskritischen Wert hätten (erneut Gil 2018).

Neben einigen kleineren Schriften soll im Zentrum unseres Seminars sein soziologisches Hauptwerk „Der Aufstand der Massen“ stehen. Hier analysiert Ortega unter den düsteren Vorzeichen des aufkommenden Faschismus in Europa die industrielle und massendemokratische Zivilisation. Leitend für seine Diagnose ist der Begriff der „Vermassung“. Dieser verweist auf einen kulturell wie psychisch vermittelten Umwandlungsprozess, der das Individuum zum „Durchschnittsmenschen“ bzw. Massenmenschen werden lässt. Welche anthropologischen wie politischen Verschiebungen diese Umwandlung im gesellschaftlichen Sein nach sich zieht und inwieweit Ortegas zeitkritische phänomenologischen Studien auch ein Licht auf unsere heutige gesellschaftliche Verfasstheit werfen, darüber wollen wir uns in diesem Seminar austauschen.

Fragen zum Scheinerwerb werden in der ersten Sitzung geklärt.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2025/26