Warum greifen zeitgenössische Romane, Filme, Serien oder Videospiele so häufig auf mittelalterliche Stoffe, Figuren und Motive zurück? Was macht das Mittelalter zum bevorzugten Reservoir kultureller Sinnproduktion? Und wie verändert sich ein Stoff, wenn er in einen neuen ästhetischen, medialen und kulturellen Kontext überführt wird?
Die Vorlesung geht diesen Fragen anhand ausgewählter Fallbeispiele aus der mittelalterlichen Literatur und ihrer Rezeption in der Gegenwart nach. Im Zentrum stehen drei Leitfragen: Wo liegt das Faszinationspotenzial alter Stoffe? Warum werden alte Texte immer wieder neu erzählt – was ist der Mehrwert des Wiedererzählens? Wie unterscheiden sich Erzähltechniken und ihre Funktionalisierung zwischen vormoderner und moderner Literatur?
Ziel der Vorlesung ist es, ausgehend von insistierenden Textanalysen sowohl mittelalterliche als auch gegenwartsliterarische Phänomene in ihrer ästhetischen, kulturellen und gesellschaftlichen Dimension sichtbar zu machen. Dabei werden zentrale literaturwissenschaftliche Konzepte wie Transtextualität, Intertextualität und Retextualisierung eingeführt und diskutiert. Ergänzend werden kulturwissenschaftliche und kulturhistorische Perspektiven auf Prozesse der Wiederaneignung, Umcodierung und Relevanzsetzung literarischer Stoffe vermittelt.
- Lehrende/r: Silvia Reuvekamp