Die „neue“ globale Rechte beruft sich gern auf religiöse Motive und ist eng mit der religiösen Rechten vernetzt. Religiöse Traditionen werden dabei in identitärer Weise instrumentalisiert – als Ausdruck vermeintlich nationaler Kultur, als Reservoir identitärer Merkmale wie etwa Geschlechterbinarität oder patriarchaler Familienmodelle. Gemeinsam ist diesen Bewegungen oft ein Selbstverständnis, dem zufolge sie sich im Widerstand gegen einen angenommenen gesellschaftlichen Verfall sehen und gleichzeitig den realen Krisen und Widersprüchen liberaler Gesellschaften antimoderne Regressionssehnsüchte entgegensetzen. Besonders Themen wie „Lebensschutz“ oder der sogenannte „Anti-Gender“-Aktivismus bieten ideologische Schnittmengen zwischen religiös motivierten und politisch rechten Diskursen.

Dabei geht es jedoch nicht nur um exteren „Zugriffsversuche“ (S.A. Strube), sondern auch um eine innere Anfälligkeit bestimmter Weisen, das Christliche zu deuten. Es besteht eine eigene Versuchung zur identitären Reduktion: Das Christliche wird fetischisiert und zum Mittel gemacht, sich eine lückenlose, abgeschlossene Identität zu verschaffen. Dies ist Ausdruck einer Unmündigkeit und eines Abbruchs der Reflexion – doch Symptom eines Mangels an im Glauben an den Gott, der den Menschen in Freiheit vor sich haben will? Auffällig ist dabei auch die Schwierigkeit, den lebensfördernden Charakter und die weltgestaltende Wirksamkeit des Christentums zu denken. Stattdessen verengt sich der Glaube oft auf die Bewahrung einzelner „Wahrheiten“, die notfalls auch mit autoritären Mitteln durchgesetzt werden sollen.

Was könnte demgegenüber der spezifische Beitrag des christlichen Glaubens zur Opposition gegen den gegenwärtigen autoritären Rollback sein? Diese Frage möchte die Veranstaltung aus systematisch-theologischer Perspektive untersuchen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2025/26
ePortfolio: No