Brauchen Historiker:innen überhaupt Theorien? Der Zeitgeist scheint diese Frage eher mit einem Nein zu beantworten. Denn weshalb sich mit schwer verständlichen Theorien auseinandersetzen, wenn sie doch bloß von dem schnellen, handfesten Ertrag ablenken? Doch Reinhart Kosellecks bereits 1972 untermauerte These von der „Theoriebedürftigkeit der Geschichtswissenschaft“ hat nichts an ihrer Gültigkeit verloren: Die Quellen schützen uns zwar „vor Irrtümern, nicht aber sagen sie uns, was wir sagen sollen“. Das Seminar nimmt unterschiedlichste – etwa von Bourdieu und Butler über Foucault und Said bis zu Kittler, Latour und Haraway reichende – Theorien in Augenschein, denen die Geschichtswissenschaft bedeutende Impulse verdankt. Vor allem aber sucht es, jene Lust und Freude an der Theorie wiederaufleben zu lassen, die im „langen Sommer der Theorie“ vorherrschte. Denn es ist höchste Zeit, dass wir uns wieder, wie Ulrich Raulff 2014 schrieb, auf alles stürzen „was nach Theorie“ aussieht und wieder „nervös, flüchtig, querbeet und nicht, wie wir soll[ ]en, aber mit heißen Ohren“ lesen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2025/26