Die Frage, wie es zur Ermordung der europäischen Juden und Jüdinnen durch das nationalsozialistische Deutschland kam, beschäftigt Historiker:innen seit Jahrzehnten. Denn wenngleich es im Nachhinein den Anschein hatte, als hätten die Nationalsozialisten seit den Anfängen ihrer Bewegung das Ziel verfolgt, die Juden zu vernichten, wurde der systematische Massenmord auch für sie erst im Zuge der Explosion der Gewalt vorstell- und durchführbar, die sie im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion entfesselten. Das Seminar widmet sich jenen „schicksalhaften Monaten“ (Christopher Browning) ab dem Juni 1941 und bis in den Sommer 1942, als Himmler die Anordnung erteilte, „die Umsiedlung [sic!] der gesamten jüdischen Bevölkerung des Generalgouvernements“ bis Ende des Jahres beendet zu haben, und die Transporte aus dem Westen Europas in die Vernichtungslager ebenfalls anrollten. Wir nehmen also den komplexen Prozess der „kumulativen Radikalisierung“ (Hans Mommsen) genauer in Augenschein, fragen nach dem Zusammenspiel zwischen der Führungsebene des Reichs und den Akteuren vor Ort, die dem „Führer entgegenarbeiteten“ (Ian Kershaw), und nach den Logiken, die der Vernichtung der europäischen Juden zugrunde lagen.
- Lehrende/r: Fernando Esposito