Dass wir uns selbst Individualität zuschreiben, ist für die meisten Menschen unseres Kulturkreises selbst­ver­ständlich und scheint kaum der Erörterung wert zu sein. Allerdings ergeben sich daraus eine Reihe von Dok­trinen, die in der Pädagogik, der Psychologie und der Soziologie, aber auch im öffentlichen Diskurs kon­tro­vers diskutiert werden. So gibt es in der Soziologie die deskriptive These von der zunehmenden Indivi­dua­li­sie­rung moderner Gesellschaften, in der politischen Theoriebildung kennt man den Individualismus als normative The­se und in der Theorie der Sozialwissenschaften – in seiner methodischen Wendung – als „metho­do­l­o­gischen Individualismus“.

Im Mittelpunkt dieses Seminars steht die genuin philosophische Frage: Wie kann das Phänomen der mensch­lichen Individualität, das die Wurzel dieser und anderer „Ismen“ darstellt, genau beschrieben und begrifflich gefasst werden? Zu dieser Frage gibt es in der Philosophie – im Unterschied zur Debatte um den Begriff des Selbst oder den Personenbegriff – keine konsensuell akzeptierte Terminologie und keinen etablierten Kanon an Theorien. Dennoch reichen Spuren der Auseinandersetzung mit diesem Thema weit in die Philoso­phie­ge­schichte zurück.

Im Seminar werden wir uns sowohl mit klassischen als auch mit zeitgenössischen Texten zum Thema Indi­vi­dua­lität auseinandersetzen, um uns die verschiedenen Bedeutungsaspekte menschlicher Individualität zu er­schließen. Ziel des Seminars ist es zu verdeutlichen, aus welchen Gründen Individualität ein unverzichtbarer Be­­­standteil unseres menschlichen Selbstverständnisses ist.

Kurs im HIS-LSF

Semester: ST 2025