Als Subdisziplin der Philosophie untersucht die Sozialontologie „die Seinsweise und den Aufbau der sozialen Wirklichkeit sowie ihre Fundierung in basaleren Wirklichkeiten; sie analysiert die kategoriale Struktur der sozialen Interaktion und Aggregation sowie ihre Relationen zu physischen, biologischen und zur individuell-geistigen Wirklichkeit.“ (Scholz 2008: 1229) Schaut man in die Soziologie, findet man dort in Form der Sozialtheorien jene „Grundkonzepte für die Analyse der ‚Vergesellschaftung‘ und Subjektivierung von Individuen und für das Verständnis sozialer Institutionen und Praktiken.“ (Rosa, Oberthür 2020: 16). Sie legen fest, „was als soziologische Empirie auftauchen kann“ (Lindemann 2006: 83) und sind daher nicht empirisch widerlegbar. Ihren Wert zeigen sie vor allem in den auf ihnen aufbauenden Theorien begrenzter Reichweite und Gesellschaftstheorien. Anscheinend liegt hier ein Verwandtschaftsverhältnis vor: „Diese teilweise parallel geführten, zu einem großen Teil sich überschneidenden und wechselseitig sich inspirierenden Theorieanstrengungen zwischen Sozialontologie und Sozialtheorie kreisen beide um die Aufklärung ‚sozialer Entitäten‘“ (Fischer 2022: 15). Ob es aber angemessen ist, die beiden Begriffe synonym zu verwenden (vgl. ebd.: 17), ist eine der Fragen, die uns das Semester über begleiten werden.

In diesem Seminar werden verschiedene sozialontologische Ansätze und Sozialtheorien genauer beleuchtet, um darauf aufbauend ein Verständnis dafür zu gewinnen, welchen Herausforderungen sich jedes Vorhaben einer weiterführenden soziologischen Theoriebildung gegenübersieht. Jedoch sind sozialontologische bzw. sozialtheoretische Grundannahmen nicht nur für die Sozialwissenschaften von Bedeutung, sondern sie beeinflussen auch unser alltägliches Sprechen über Sozialität, Gesellschaft und Politik. Sie sind daher, anders als es auf den ersten Blick erscheinen mag, auch von praktischer Relevanz: Woraus besteht eine Gesellschaft? Wo verlaufen ihre Grenzen? Kann man zwei Gesellschaften miteinander vergleichen? Diese und weitere Fragen werden im öffentlichen Diskurs zumeist ignoriert bzw. als bereits beantwortet vorausgesetzt. Dass das Niveau der Debatten darunter leidet, kann nicht verwundern. Umso wichtiger ist es, sich mit sozialontologischen Ansätzen und Sozialtheorien zu befassen. 

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2025
ePortfolio: Nein