Die Übersetzung ist eine zentrale kulturelle Tätigkeit, die zwischen unterschiedlichen Sprachen und Kulturen vermittelt. Anders gesagt: Die Übersetzung oder besser gesagt: die Übersetzer:innen helfen uns, die Grenze zwischen zwei Sprachgemeinschaften zu überwinden. Wie Fährmänner setzten sie Informationen aus einer Sprache in die andere über. Diese Vermittlung ist nicht nur in praktischer Hinsicht nützlich, so etwa für die zwischenstaatliche Diplomatie, das Knüpfen wirtschaftlicher Verbindungen und den Austausch von Ideen, sondern auch wesentlich für den Fortbestand der einzelnen Kulturen.

In unserer globalisierten Welt sind Übersetzungen allgegenwärtig und dank KI-basierter Systeme auch zunehmend überall und sofort verfügbar.

In diesem Seminar machen wir das Phänomen der Übersetzung zum Gegenstand und nähern uns diesem aus sprach- wie literaturwissenschaftlicher Perspektive und sowohl von theoretischer als auch praktischer Seite.

Nach einem Überblick über die Geschichte der Disziplin und ihrer Verankerung in der slavistischen Sprach- und Literaturwissenschaft beschäftigen wir uns mit den Techniken des Übersetzens und setzen uns mit ihrer Kardinalfrage auseinander: Werktreue dem Originaltext gegenüber oder „freie“, zweck- bzw. adressatengerichtete Übertragung?

Wir lernen verschiedene Übersetzungstheorien von Luther und Schleiermacher über Walter Benjamin bis Vermeer und schließlich dem cultural turn kennen und analysieren Übersetzungen verschiedener Textsorten hinsichtlich der zugrunde liegenden Übersetzungsmaximen. Wir probieren uns auch selbst an Übersetzungen verschiedener Texte und Textsorten aus.

Die „Fähigkeiten“ auf KI basierender Übersetzungsprogramme machen die Arbeit menschlicher Übersetzer*innen in manchen Bereichen (vermeintlich?) überflüssig. Im Seminar beschäftigen wir uns einerseits praktisch mit der Funktionsweise der KI-basierten Übersetzung, probieren sie anhand verschiedener Textsorten aus und vergleichen die Ergebnisse mit denen menschlicher Übersetzer*innen. Andererseits diskutieren wir auch auf theoretischer Ebene die Chancen und Grenzen KI-basierter Übersetzung und arbeiten die wesentlichen Unterschiede zwischen maschineller und menschlicher Übersetzung heraus.

Aus sprachwissenschaftlicher Sicht ist darüber hinaus interessant, dass die slavischen Sprachen relativ eng miteinander verwandt sind. Auf der Grundlage eigener Beobachtungen sowie theoretischer Erwägungen erarbeiten wir, was die Besonderheiten und Herausforderungen bei der Übersetzung aus bzw. in nah im Gegensatz zu weiter entfernt verwandten Sprachen sind.

Auch aus literatur- und kulturwissenschaftlicher Sicht wirft die Übersetzung zahlreiche Fragen auf, so nach den Möglichkeiten und Grenzen des transkulturellen Austauschs, nach der Ethik des Übersetzens, nach der Verknüpfung von Übersetzung und Macht sowie dem Verhältnis von Inhalt und Form, von Original, Interpretation und Übersetzung bzw. von Autor:in und Übersetzer:in. Die literarische Übersetzung bietet ein spannendes Überschneidungsfeld linguistischer und literaturwissenschaftlicher Interessen, dass wir uns an Hand von bekannten und weniger bekannten Texten erschließen werden.

Im thematischen Zusammenhang mit dem Seminar wird eine Übung zum literarischen Übersetzen angeboten (vgl. Veranstaltungsnummer xxx), die gemeinsam mit einer professionellen Übersetzerin durchgeführt wird und in der die Übersetzungspraxis literarischer Textsorten im Zentrum steht. Teilnehmer*innen des Seminars sind herzlich eingeladen, auch die Übung zu besuchen. Sie kann im Rahmen des Kompetenzmoduls im B.A. Slavistik oder in den Allgemeinen Studien kreditiert werden.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2025
ePortfolio: Nein