„One of the most salient features of our culture is that there is so much bullshit.“ Mit diesen Worten leitet der US-amerikanische Philosoph Harry Frankfurt seinen 1986 erstmals veröffentlichten und mittlerweile auch jenseits der akademischen Philosophie berühmt gewordenen Essay „On Bullshit“ ein. Offenbar hat Frankfurt damit zugleich einen Satz ausgesprochen, dessen Wahrheitswert sich nicht nur durch eine gewisse zeitliche, sondern auch durch eine kulturelle Invarianz auszuzeichnen scheint: Bullshit gibt es heute nicht weniger als damals und das gilt sowohl für die amerikanische als auch für zahlreiche andere Kulturen (die unsere eingeschlossen).
Was genau ist Bullshit aber überhaupt? Mit dieser Frage vollzieht sich der Einstieg in eine philosophische Auseinandersetzung mit diesem Alltagsphänomen. Frankfurts Antwort auf diese Frage lautet im Kern, dass Bullshit das sprachliche Resultat von Sprecher*innen ist, die überhaupt nicht mehr um die Wahrheit oder Falschheit ihrer Aussagen bekümmert sind. Damit unterscheidet sich der Bullshitter nicht nur von den Aufrichtigen, sondern auch von den Lügnern: Letztere erkennen das, was wahr ist, immer noch als wahr an, entscheiden sich dann aber bewusst dafür, das Falsche zu sagen. Der Bullshitter hingegen kümmert sich schlichtweg gar nicht mehr darum, was wahr und was falsch ist.
In diesem Seminar werden wir zunächst Frankfurts Essay lesen und unser Verständnis desselben anhand zusätzlicher Literatur zum Thema vertiefen. Diese Vertiefungsstrategie soll dann um eine Verbreiterungsstrategie ergänz werden: So werden wir im Rückgriff auf weitere Texte u.a. auch der Frage nachgehen, wie sich Bullshit zu offenbar verwandten Phänomenen wie Fake News oder Pseudowissenschaft verhält. Für Studierende, die dieses Seminar im Rahmen des Moduls „Angewandte theoretische Philosophie“ besuchen, wird der Anwendungsbezug zudem über weitere Texte, die im Laufe des Semesters in Kleingruppen erarbeitet werden, hergestellt.
- Lehrende/r: Jochen Müller