Das Motiv des Doppelgängers, das sich seit der Antike durch die Literatur zieht (vgl. Narziss und Echo in Ovids Metamorphosen), wird seit der Romantik zunehmend im Zusammenhang mit Ich-Findung und Ich-Spaltung thematisiert, der Diskurs des Unheimlichen und später des Unbewussten werden vielfach in Doppelgänger-Erzählungen verhandelt. Klassische Beispiele der romantischen Literatur sind Erzählungen E.T.A. Hoffmanns wie Prinzessin Brambilla oder Die Abenteuer der Silversternacht oder Nikolaj Gogol’s wie Vij (Der Wij) oder Nos (Die Nase). Auch Fedor Dostoevskij gestaltete das Motiv noch einmal eindrücklich in seinem Dvojnik (Der Doppelgänger). Adaptionen des Motivs im 20. Jh. wie Vladimir Nabokovs in russischer und englischer Sprache verfasster Roman Otcajanie / Despair (Verzweiflung) oder Richard Weiners Prázdná zidle (Der leere Stuhl) greifen auf diese Vorläufer zurück und modifizieren die Thematik. In dem komparatistisch angelegten Seminar soll den Abwandlungen und Veränderungen des Doppelgängermotivs in der deutschen Literatur des 19. und 20. Jh.s mit Ausblicken auf die russische und tschechische nachgegangen werden. Außerdem wird der Niederschlag des Phänomens in theoretischen Ansätzen etwa bei Bachtin, aber auch bei Freud und Lacan behandelt.
- Lehrende/r: Irina Wutsdorff