Egal, auf welcher soziologischen Achse man sich bewegt: Zusammenhänge von sozialer Ungleichheit, Armut oder Entfremdung führen direkt oder indirekt immer ein aktives Ausschließen mit. Sei es im Sinne einer Freund/Feind Unterscheidung oder mit Blick auf das vorurteilsbehaftete Ausgrenzen von sozialen Gruppen/Einzelindividuen, Exklusion scheint ein konstitutives Element moderner Gesellschaften zu sein.

Wir wollen in diesem Seminar das Phänomen der Exklusion verstehen als ein strukturelles Element, das sich über den soziologischen Mechanismus von Integration und Desintegration herstellt. Während Integration verstanden werden kann als ein sozialer Prozess der Bildung gesellschaftlicher Ganzheiten, so ist Desintegration eine Folge der Instabilität von diesen Ganzheiten. Innerhalb dieses krisenhaften Spannungsverhältnisses, das die Gesellschaft als Ganze sowie ihre Individuen herausfordert, bewegt sich die Exklusion als eine Erfahrung des Widerspruchs. Veranschaulichen lässt sich dies an Entfremdungserfahrungen einerseits (Simmel) sowie an Reproduktionsformen des Hasses und der Gewalt (André Glucksmann/Aurel Kolnai) andererseits. In den Mittelpunkt der Betrachtung wollen wir zudem verschieden gelagerte Schichtungen von Armut und Ungleichheit nehmen und uns dabei u. a. konkret befassen mit der moralischen Dimension von Armut (Armut als „Würdeverletzung” und aus Sicht des Utilitarismus, Armutserfahrung als Stress), der politischen Steuerung von Armut (z. B. Capability Approach”, Amartya Sen), der ökonomischen Dimension von Armut (Soziale Ungleichheit, Bildungsungleichheit), Armut unter den Bedingungen des „aktivierenden Sozialstaates”.

Darüber, so unsere These, müsste sich nicht nur der Exklusionsbegriff erhellen lassen, sondern ebenso das konfliktbehaftete Verhältnis zwischen „Etablierte und Außenseiter” (Norbert Elias).

Kurs im HIS-LSF

Semester: ST 2025