Der Begriff des Tyrannen zeichnet sich in unserem Sprachgebrauch eher durch seine negative Wertigkeit als durch eine konkrete Bedeutung aus: Gemeint ist in der Regel ein herrschsüchtiger Mensch, gleich in welcher politischen oder gesellschaftlichen Funktion. Das griechische Wort tyrannis steht dagegen zunächst für ein klar definiertes politisches Phänomen, das in archaischer und klassischer Zeit zahlreiche Stadtstaaten nachhaltig geprägt hat: die gewaltsam durchgesetzte Alleinherrschaft eines Adeligen und seiner Familie ohne gesetzliche Legitimation. Der Beseitigung einer solchen Tyrannenherrschaft in Athen verdanken wir das Negativklischee, das mit dem Begriff fortan untrennbar verknüpft war: Der Tyrannenmord des Jahres 514 v.Chr. wurde zum Inbegriff aufopfernden Freiheitsstrebens. "Bevollmächtigte Strategie", "Königtum" dienten denn auch in Klassik und Hellenismus wiederholt der Verschleierung und Legitimierung oktroyierter Alleinherrschaft.

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