An den Fürstenhöfen des 17. und 18. Jahrhunderts verwirklichte sich die letzte Phase der vormodernen Adelswelt in einer mitunter bizarr anmutenden Übersteigerung von Prunk und Selbstinszenierung. Davon legen bis heute prächtige Schloßbauten, aber auch die zahlreichen Berichte über schwelgerische Hoffeste und ihre auf’s Äußerste gesteigerten Genüsse und Sensationen ab. Aus einer anderen Perspektive galten die Höfe der Frühen Neuzeit aber schon immer als Orte parasitärer Verschwendung, heuchlerischer Intrigen und gewissenloser Freizügigkeit. Es hat lange gedauert, bis Norbert Elias eine neue Deutung der höfischen Gesellschaft vorlegte und damit eine bis heute floriende Hofforschung inspirierte. Die Höfe erscheinen seither als komplexe soziale Systeme, in denen gesellschaftliche Eliten Machtchancen, Rangpositionen und Abhängigkeiten aushandelten, benutzten und erlitten, in einer entscheidenden Transformationsphase zwischen personaler Monarchenherrschaft und modernem Anstaltsstaat. Die Forschung ist mittlerweile deutlich über Elias hinausgekommen, nimmt Unterschiede zwischen den Höfen wahr, diskutiert neue Deutungsmodelle, erschließt neue Aspekte. Im Seminar sollen sowohl die zeremoniellen und repräsentativen Praktiken der Hofkulturen als auch die Ämterstrukturen und die sozialen Figurationen im Licht verschiedener Deutungsmuster diskutiert werden.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2024