Als Wissenschaftstheorie prägt der Positivismus ein bestimmtes Verhältnis von Theorie und Empirie, Subjekt und Objekt sowie Methode und Untersuchungsgegenstand. Für welche Gestaltung dieses Verhältnisses plädieren verschiedene erziehungswissenschaftliche Debattenbeiträge? Auf welche Art sollte sich die Fachdisziplin an Philosophie oder Naturwissenschaften orientieren? Welche erkenntnistheoretischen Prämissen liegen dem Positivismus zugrunde und welchen Einfluss hat er auf die Möglichkeit von Bildung? In welchem wechselseitigen Wirkungsverhältnis stehen Wissenschaft und Gesellschaft zueinander?

Das Seminar führt in die Bedeutung des Begriffs Positivismus ein und vermittelt ein grundlegendes Verständnis für die bildungstheoretische Kritik an dessen Konsequenzen. Ausgehend von der Perspektive der Kritischen Theorie auf den Positivismusstreit in der deutschen Soziologie diskutiert das Seminar die Erscheinungsform des modernen Positivismus, wie er sich auch in Forderungen nach einer realistischen bzw. empirischen Wende in der Erziehungswissenschaft manifestiert. Aktualisierend wird ein alternatives Deutungsmuster aus dem Bereich der feministischen Theorie diskutiert, welches davon ausgeht, dass der erkenntnisrelativistische Zeitgeist des Postmodernismus vergleichbare Effekte hervorbringt, wie der moderne Positivismus.

Die Studierenden sollen ein Verständnis für den Positivismusstreit als Teil der Bildungs- und Wissenschaftsgeschichte entwickeln. Das dabei entstehende Bewusstsein für die bildungstheoretischen Konsequenzen positivistischer Forschung soll exemplarisch auf konkrete Fragestellungen gesellschaftlicher Transformation angewandt werden. Das Seminarthema soll den Studierenden zudem eine kritische Reflexion der eigenen Forschungspraxis und Methodenwahl ermöglichen.

 

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2024