Die Literatur des Siglo de Oro ist voller Geschichten über Konflikte rund um die Ehre. Insbesondere die Frau steht hier als Hüterin und Bewahrerin der männlichen Ehre im Zentrum der Aufmerksamkeit. Einerseits darf sie sich vor der Ehe nicht mit Männern einlassen (vermeintlich ehrlos ist die Frau sogar dann, wenn sie vergewaltigt wurde), andererseits darf sie als Ehefrau ihren Partner nicht betrügen. In beiden Fällen genügt schon der Verdacht, um selbst unschuldige Frauen in akute Lebensgefahr zu bringen – denn die verlorene Ehre lässt sich nach der damaligen Logik nur wiederherstellen, wenn alle Beteiligten getötet werden. Die Frage nach honor/honra ist uns dabei zeitlich näher als man annehmen könnte: Sogar in der Literatur des 20. Jahrhunderts spielt sie noch eine Rolle. Was ist das also für ein merkwürdiger Wert, der zumindest in der Literatur so oft für blutige Racheszenen sorgt? Welche Funktion hat die Ehre in der spanischen Literatur und in der Gesellschaft und warum wird sie so oft thematisiert? Wie gehen die Figuren mit den Ehrkonflikten um, welche Lösungen gibt es? Werden Ehrenmorde als Mittel zur Ehrenrettung in der Literatur akzeptiert, gar legitimiert? Diesen und weiteren Fragen wollen wir im Proseminar nachgehen.

Grundlegende Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme mit entsprechendem Kompetenzzuwachs ist die intensive vorbereitende Lektüre der jeweils in der Sitzung thematisierten Texte und der Mut, sich der Herausforderung der anfangs etwas schwerer zugänglichen Sprache der Zeit zu stellen. Wann immer es möglich ist, werden wir die Seminardiskussionen auf Spanisch führen.

Teilnahmevoraussetzungen sind die bestandene Einführung in die Literaturwissenschaft sowie die Absolvierung der beiden Module des Learnweb-Kurses der ULB zur Literaturrecherche (https://www.ulb.uni-muenster.de/ulb-tutor/webquest/romanistik/index.html). Beides muss spätestens zur zweiten Sitzung nachgewiesen werden.

 

Kurs im HIS-LSF

Semester: ST 2024
ePortfolio: No