Was ist eigentlich Sozialgeschichte? Ist sie längst ausgestorben? Oder wurde sie in ihrer Allgegenwart in der Geschichtsschreibung seit den 1970er Jahren so unsichtbar und selbstverständlich wie die Luft zum Atmen? Arbeiten wir alle, ohne es zu bemerken, längst sozialhistorisch, oder dominiert inzwischen die Kulturgeschichte? Alle diese Fragen betreffen uns in unserer täglichen Arbeit an der Vergangenheit. Die Vorlesung führt ein in die Sozialgeschichte. Sie bezieht sich in doppeltem Sinne auf das 19. und 20. Jahrhundert: erstens, weil die illustrierenden Beispiele vorwiegend aus diesen beiden Jahrhunderten stammen, also ”zum” 19./20. Jahrhundert, wobei eine Sitzung auch danach fragt, warum sich Althistoriker:innen, Mediävisten und Frühneuzeitler aus den hitzigen Debatten zwischen 1965 und 1980 zurückgehalten haben, obwohl es auch dort Sozialgeschichte gab. Zweitens geht es um die Sozialgeschichtschreibung ”des” 19./20. Jahrhunderts, weil sich ersten Ansätze von Sozial- und Wirtschaftsgeschichte im 19. Jahrhundert entwickelten, bevor Sozialgeschichte ab 1975 hegemonial wurde, aber in den letzten Jahrzehnten Konkurrenz durch die Kulturgeschichte erhielt.
- Lehrende/r: Olaf Blaschke