Auch wenn sich die Kreuzzugspredigt Papst Urbans II. 1095 in Clermont vornehmlich an ritterliche Kämpfer gerichtet hatte, folgten bald auch Personen nichtritterlichen Standes diesem Aufruf, die häufig von Kreuzzugspredigern dazu animiert worden waren. Die ältere Forschung hat diesen Zug häufig als Volkskreuzzug bezeichnet, auch wenn sich hieran ebenfalls Ritter beteiligten, etwa der berüchtigte Emicho von Leiningen bzw. von Flonheim. Unter seiner Führung kam es ich mehreren rheinischen Städten zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen die örtlichen Judengemeinden. Über die Pogrome berichten nicht nur lateinische Quellen, sondern auch hebräische Texte, die in der Forschung oft als Kreuzzugschroniken bezeichnet wurden, obwohl sie primär keineswegs als Historiographie zu bezeichnen sind, denn sie sollten eher der Memoria, dem Totengedächtnis, dienen. Doch spielen Deutungen des Geschehens und der Gewalterfahrungen ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Übung wendet sich ausgewählten Texten in deutscher Übersetzung zu; dabei werden die Entstehungs- und Lebensbedingungen des aschkenasischen Judentums vorgestellt sowie mögliche Vorbilder für die Berichte über die jüdischen Martyrien diskutiert. Die Übung führt insgesamt ein in die Entstehungszeit des deutschen Judentums zu Beginn des hohen Mittelalters.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2024